Rüttgers lehnt Rundfunkgebühren
für Internet-Computer ab

Osnabrück (dpa) – Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) hat sich entschieden gegen Pläne gewandt, für Personal Computer (PC) mit Internet-Anschluß Rundfunkgebühren zu erheben. Die Verwirklichung solcher Überlegungen bei den Gebühreneinzugszentralen von ARD und ZDF sei eine „Gefahr für den Multimedia-Standort Deutschland“, sagte Rüttgers der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

So gebe es Modelle, nach denen ein Unternehmen für 1 000 Internet- Rechner zusätzlich 28 250 Mark pro Monat an Gebühren zahlen müßte. Eine Schule aus Nordrhein-Westfalen habe sich an ihn gewandt, weil sie für 50 Computer – trotz dreimonatiger Gebührenbefreiung – noch jährlich mehr als 12 000 Mark zu bezahlen hätte. „Solche Belastungen sind unverantwortlich“, kritisierte der CDU-Politiker. Initiativen wie „Schulen ans Netz“ oder die Anwendung fortgeschrittener Multimedia-Techniken in der Wissenschaftskommunikation seien dann kaum noch zu bezahlen.

Einer Stellungnahme von Juristen der Rundfunkanstalten zufolge gelten Computer mit Internet-Anschluß als Rundfunkempfangsgeräte und sind damit gebührenpflichtig – unabhängig davon, ob sie mit Lautsprechern und der für den Empfang nötigen Software ausgestatten sind oder nicht. Viele Online-Experten hingegen vertreten die Ansicht, daß viele Internet-Computer nicht einmal theoretisch unter die Rundfunk-Gebührenpflicht fallen, da sie aus technischen Gründen keine Rundfunksendungen abspielen können. Netzadministratoren können ganze Netze so einstellen, daß an den einzelnen Rechnern keine Audio- und Videodaten empfangen werden können. Derzeit sind beispielsweise der öffentlich-rechtliche Radiosender Bayern 5, die Deutsche Welle und die ARD mit „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ im Internet vertreten.

„Die Gebührenpläne für Internet-Nutzung sind eine Innovationsbremse für Multimedia in Deutschland und müssen deshalb schnell in der Schublade verschwinden“, forderte Rüttgers. Es dürfe nicht hingenommen werden, daß zusätzliche Kosten für die Nutzer die „neuen großartigen Möglichkeiten“ einschränkten, die eine der weltbesten Infrastrukturen in den Bereichen Telekommunikation und Information biete.

Während in Privathaushalten die monatliche Rundfunkgebühr von zur Zeit 28,25 Mark sämtliche Empfangsgeräte inklusive PC abdeckt, müßten Unternehmen, Behörden und Organisationen für jeden Internet-Rechner extra bezahlen. Nach Angaben des Süddeutschen Rundfunks wird jedoch über einen Mengenrabatt nachgedacht. Danach könnten gegen Zahlung der dreifachen Monatsgebühr bis zu 100 Empfangsgeräte genutzt werden. Bis zur endgültigen Klärung verzichte die GEZ auf den Gebühreneinzug für geschäftlich genutzte Internet-Computer.

Mit mehr als 30 ISDN-Anschlüssen je 1 000 Einwohner steht die Bundesrepublik nach Darstellung Rüttgers' weltweit an erster Stelle. Die Zuwachsrate bei den Internet-Anschlüssen habe im vergangenen Jahr 72 Prozent betragen. Die Zahl direkter Online-Zugänge sei von 1995 bis 1996 um 42 Prozent auf 2,3 Millionen gestiegen.

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