Justizministerin
will Microsoft
die Flügel stutzen
Das US-Justizministerium hat eine
Breitseite gegen Microsoft gefeuert,
die den Softwaregiganten von seinem Monopolisierungskurs
abbringen könnte: Das Ministerium forderte vor einem
Bundesgericht, Microsoft im Falle eines weiteren
Mißbrauches seiner Marktmacht mit einer Geldstrafe von
einer Million Dollar pro Tag zu belegen.
Formal dreht sich die
Auseinandersetzung nur um
Navigationsprogramme für das Internet, sogenannte
Browser. Doch Herrschaft über diesen Markt bedeutet auch
Herrschaft über eine Schlüsseltechnologie der Zukunft
im PC-Bereich. Microsoft, so argumentiert das
Ministerium, dürfe die Vergabe von Lizenzen für sein
marktbeherrschendes Betriebssystem Windows 95 nicht
weiter an die Bedingung knüpfen, auch seinen
Internet-Browser Explorer zu übernehmen.
Microsoft nutzt sein Windows-Monopol unrechtmäßig
dazu, dieses Monopol zu schützen und auszuweiten und so
die Entscheidungsfreiheit der Konsumenten
einzuschränken, sagte Ressortchefin Janet Reno.
Die drohende Strafe für Microsoft
(Jahresgewinn 2,2 Mrd. Dollar) ist beispiellos hoch
üblich wären 10 000 Dollar am Tag. Doch
für die weltgrößte Softwareschmiede liegt das
Hauptproblem woanders: Sollte sich das Ministerium
durchsetzen, würde ein Kernpunkt der Konzernstrategie in
Frage gestellt. Seit Jahren integriert Microsoft immer
neue Funktionen in sein Betriebssystem, das rund 90
Prozent aller PC steuert. Es ist ein fundamentales
Prinzip von Microsoft, daß Windows verbessert wird und
so den Gebrauch des PC mit jeder Version einfacher
macht, sagt Chef Bill Gates.
Der Konzern gefährdet damit freilich
indirekt andere Software-Firmen, die eigene Programme mit
gleichen Funktionen anbieten. Ein Beispiel war die
Einbindung eines Programms zur Vergrößerung der
Speicherkapazität des Rechners in Windows 95: Der Markt
für andere Programme dieser Art brach daraufhin
zusammen.
Einen ähnlichen Weg versucht Microsoft
auch beim Internet zu gehen. Zunächst hatte es den
Anschein, als ob Gates den Start in die neue
Informationstechnologie verschlafen würde. Netscape eroberte mit
seinem Browser Navigator praktisch den Markt.
Bald jedoch wurde deutlich, daß die Browser-Technik
Betriebssysteme wie Windows überflüssig machen könnte:
Der PC könnte sich nötige Programme direkt aus dem Netz
holen und damit unabhängig werden von
Microsoft-Programmen.
Angesichts dieser Bedrohung unternahm
der Softwareriese eine enorme Kraftanstrengung: Binnen
drei Jahren wurde eine Internet-Strategie entwickelt, in
deren Zentrum der Explorer stand: Der Browser
wurde kostenlos verbreitet, an Windows 95 gekoppelt und
hat so inzwischen rund 30 Prozent Marktanteil erreicht.
Wieder argumentiert Microsoft, der Browser sei kein
eigenständiges Programm, sondern lediglich ein Teil von
Windows 95, der Vorwurf des Justizministeriums ziele
daher ins Leere.
Tatsächlich soll der Browser in das
für 1998 angekündigte Betriebsystem Windows 98
integriert sein. Doch das Justizministerium fordert jetzt
einen Hinweis an Windows-Benutzer, daß auch andere
Browser verwendet werden können, sowie eine Anleitung,
wie der Explorer vom heimischen Rechner
entfernt werden kann. Sollten die Gerichte eine
Entscheidung im Sinne des Ministeriums fällen, müßten
die Karten im Kampf um den Zukunftsmarkt Internet und die
künftige PC-Software neu gemischt werden.
JUSTUS DEMMER (dpa)
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