Musik über Internet:
Der CD geht es an den Kragen

Von Ulrich Eichblatt, dpa

Der technische Fortschritt hat immer wieder neue Tonträger hervorgebracht und die bisherigen gnadenlos verdrängt. Der legendären Schellack folgte die Vinyl-Platte, die Mitte der 80er Jahre von der Compact Disc in die musikalische Wüste geschickt wurde und in Deutschland längst keine Bedeutung mehr hat. Doch nun geht es auch dem Silberling an den Kragen. „Music From The Net“ – Musik aus dem Internet – heißt die neue Vertriebsstruktur, von der sich die gesamte Unterhaltungsbranche neue Absatzchancen für ihre Produktionen verspricht. Als einer der ersten startet das in der neuen Medienstadt Potsdam-Babelsberg ansässige Unternehmen MCY Media City mit einer Vielzahl von Service-Angeboten. Das Unternehmen bietet “Music On Demand“ – Musik auf Wunsch.

Hieß es früher, „ab in den nächsten Plattenladen“, um seine Lieblingsscheibe zu ergattern, geschieht das in Zukunft per Knopfdruck via Internet. Ähnliches bietet auch die Telekom per “Exel-Tabelle“ an, jedoch haben bei ihr nur T-Online Kunden mit einem ISDN- Anschluß eine Chance. Wie seitens des Projektleiters der Telekom, Steffen Böhm, verlautete, wird der Startschuß mit der IFA '97 für Berliner Kunden erfolgen. 1998 soll das Angebot bundesweit nutzbar sein. Abgerechnet wird der Musikkauf über die Telefonrechnung. Für die Musiklieferung werden 0,23 Mark je Minute Musikspielzeit berechnet, zusätzlich zu dem Preis des Titels, den die Copyright- Inhaber festlegen.

Ganz anders agiert MCY Media City. Hier stößt der Interessierte in eine virtuelle Medienstadt vor und kann sich in ihr durch verschiedene „Musikstraßen“, zugleich Synonym für alle erdenklichen Musikrichtungen, fortbewegen. Hierzu steht ein „Yellow Cab“-Taxi mit freundlichem Chauffeur zur Verfügung. Per Mausklick wählt der „Fahrgast“ ganz einfach sein Ziel. Bei der Fahrt in die „Burbon Street“ gelangt man auf die Jazzmeile. In der „Club Lane“ sind Dance- , Techno- und House-Acts beheimatet. Hier regiert unter anderem der Schweizer D.J. Bobo mit seinen Charts-Titeln, Fotos und Infos. Ähnliches passiert im „Oldie Steamer“, wo sich unter anderem die „Hollies“ niedergelassen haben. Ferner gibt es den Broadway (Musicals), den Ku-Damm (Chansons und Schlager der 20er Jahre), die Delta Road (Blues) und alle anderen Musikrichtungen inklusive Klassik.

Auf Wunsch kann man seine Titel in einen Einkaufswagen „laden“ und einkaufen. Damit man nicht die Katze im Sack kauft, ergibt sich die Möglichkeit eines kostenlosen 20 Sekunden-Hörens. Zum Musikerwerb muß man sich erst elektronisch registrieren lassen und wählt die Art der Bezahlung. Dann lädt man sich die georderten Musiken über das Highspeed-Netz auf die Festplatte seinen Computers. Nur wenig später befinden sich die georderten Titel auf der Festplatte und lassen sich mit dem per Bildschirm mitgelieferten MCY-Player in Hifi-Qualität abhören oder auf Cassette überspielen. Der Preis richtet sich nach den Festlegungen der Plattenfirmen. Ein Einzeltitel soll durchschnittlich etwa 2,50 Mark kosten. Hinzu kommen die Telefongebühren.

Die MCY Enter- und Infotainment-Plattform verfügt zudem über eine eigene Musikredaktion, die auch die letzten Neuigkeiten aus dem Showbusiness abrufbereit einspielt. Ferner sind Kontakte zu Künstlern, Labels und anderen Vertragspartnern möglich. Als besonderes Bonbon bieten die Potsdamer einen Mailorder-Service an, so daß sich der Musikliebhaber den traditionellen Tonträger auch ordern kann. „Hacker“ und Raubkopierer haben übrigens keine Chance, ein ausgetüffeltes Sicherungssystem unterbindet eine unerlaubte Vervielfältigung.

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