Glaubensstreit um Java geht vor Gericht

Von AP-Korrespondent Peter Zschunke

Frankfurt/M - Die ständigen Attacken seiner Konkurrenten lassen auch einen Bill Gates auf Dauer nicht unberührt. Auf der Computermesse Comdex Internet in Frankfurt am Main zeigte sich der Microsoft-Chef entschlossen, die Marktführerschaft in der Softwarebranche gegen den Versuch zu verteidigen, die Dominanz von Windows mit Hilfe der Programmiersprache Java zu überwinden. Java sei nur irgendeine von Hunderten Programmiersprachen, sagte Gates und fügte gleich hinzu: Schon in zwei Jahren werde es wieder andere Schwerpunkte bei der Entwicklung von Computerprogrammen geben.

Einen Tag vorher hatten die Java-Erfinder der kalifornischen Firma Sun Microsystems die Justiz eingeschaltet und Microsoft beim Bezirksgericht von San Jose in Kalifornien wegen Verletzung des Warenzeichens Java und wegen Vertragsbruchs verklagt. Sun verlangt eine einstweilige Verfügung gegen das Java-Logo für den Internet Explorers 4.0, das seit Anfang des Monats verfügbare und hochgelobte Microsoft-Programm für das Surfen im globalen Computernetz.

Seit der Vorstellung von Java im Januar 1995 hegen viele Software-Entwickler die Hoffnung, daß die unangefochtene Dominanz von Microsoft auf den Festplatten der Personalcomputer in aller Welt doch noch gebrochen werden könnte. So ähnlich wie beim Lego-Spiel kann man mit Java die kompliziertesten Programme schreiben, indem vorhandene Programm-Bausteine (sogenannte Bibliotheken, Klassen und Objekte) zusammengefügt werden. Der für Microsoft gefährliche Vorzug von Java besteht darin, daß die fertigen Programme auf allen Arten von Computern eingesetzt werden können – damit gibt das Microsoft-Betriebssystem Windows als De-Facto-Standard nicht mehr allein den Ton für die PC-Software an.

Sun hat Java zum „offenen Standard“ erklärt, der von allen Entwicklern eingesetzt werden kann. Tatsächlich nutzen schon weltweit mehr als 700.000 Programmierer Java. Einige befürchten aber, daß Sun nur die Microsoft-Vorherrschaft ablösen will und betrachten daher das derzeitige Verfahren bei der Weltorganisation für Standardisierung (ISO) um eine Anerkennung von Sun als maßgebliche Stelle für die Java-Standards mit Skepsis.

Microsoft gehört zu 118 Unternehmen, die von Sun eine Lizenz zum Einsatz von Java in ihren eigenen Produkten erworben haben. Die Software-Schmiede in Redmond bei Seattle suchte nach einer Lösung für den Nachteil von Java, daß die Programme wegen ihrer Unabhängigkeit vom Betriebssystem eher langsam ablaufen. Microsoft entwickelte daher eine an die Besonderheiten von Windows angepaßte Java-Variante und verzichtete im Internet-Explorer auf einige zum Grundkonzept gehörende Java-Klassen. Im September erreichte der Bruch mit Sun einen ersten Höhepunkt, als Microsoft alle Java-Programme (Applets) von seinen Web-Seiten entfernte.

Zwtl: Auch der Netscape-Browser muß noch dazu lernen

Sun hegt die nicht unbegründete Befürchtung, daß Java in verschiedene Dialekte auseinanderfallen könnte, wenn jedes Unternehmen das Konzept an seine eigenen Bedürfnisse anpaßt und dabei verändert. Java-Programme hätten dann nicht mehr den Vorzug, auf allen Rechnern eingesetzt werden zu können. Die Klage gegen Microsoft begründete der Vorstandschef der Sun-Tochter Javasoft, Alan Baratz, mit dem Schutz der von vielen Unternehmen getätigten Investitionen in der Annahme, daß Java-Programme allseits eingesetzt werden könnten.

Zum Lager um Sun gehört unter anderem die Firma Netscape Communications, die mit ihrem Browser namens Navigator der Hauptkonkurrent von Microsofts Internet Explorer ist und immer noch einen höheren Marktanteil in dieser zentralen Software-Gattung hat. Sun betonte anläßlich der Klage, daß der Navigator die Java-Applets auf den Web-Seiten korrekt darstellen könne – allerdings unterstützt auch die derzeit verfügbare aktuellste Version 4.03 noch nicht alle Möglichkeiten der Version 1.1 des Java Development Kits (JDK) für die Erstellung von Java-Programmen.

Microsoft erklärte in der Reaktion auf die Klageschrift, daß der Internet Explorer 4.0 Java-Programme sehr viel schneller ausführen könne als der Navigator. Microsoft erfülle alle Teile der Lizenzvereinbarung mit Sun vom März 1996 und sei zuversichtlich, daß die Klage vor Gericht abgewiesen werde.

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