Virtuelle Sängerin erobert Herzen

Die junge Japanerin Kyoko Date ist von heute auf morgen zum Popstar geworden. Seit Wochen steht ihr erster Song „Love Communication“ ganz oben in den japanischen Hitparaden, die Single ist schon in mehreren Kaufhäusern Tokios ausverkauft. Die 17jährige wird von Tausenden Teenies angebetet wie andere Schlagerstars auch. Die Fans hängen an ihren Lippen, wenn sie singt, und schicken ihr Verehrerpost. Doch Kyoko Date ist anders: Sie ist kein echter Mensch, sondern das Ergebnis hochqualifizierter Multimedia-Software – ein virtuelles Idol.

Das tanzende und singende Computerprogramm hat eine meterlange Biographie. Sie verrät unter anderem, daß sie Tochter eines Sushibar-Wirts ist, gern Schokolade knabbert und Computerspiele liebt. Ausgedacht hat sich das Ganze das Tokioter Medienunternehmen HoriPro Inc. Unter dem Namen „DK96“ (Digital Kids, später Date Kyoko) wurde Kyoko Anfang 1995 von dem Direktor der Firma, Takeo Hori, ins Leben gerufen. Während ein Team ihre Persönlichkeit ausarbeitete, bastelte die in Japan in Sachen Computergraphik führende Softwareschmiede Visual Science Laboratory Inc. an der graphischen Umsetzung des Projekts.

Das Ergebnis ist eine gutaussehende Frau, die 162 Zentimeter groß ist, 43 Kilo wiegt und täuschend echt aussieht. „Im Vergleich zu Zeichentrick-Figuren, sind Kyokos Bewegungen und vor allem ihre Gesichtszüge dem Menschen ähnlicher als alles andere zuvor“, sagt Yoshitaka Hori, Vizedirektor von Horipro. Für ihn sei sie wie andere Sängerinnen auch, daher werde seine Firma sie auch genauso fördern. Denn nach dem Bilderbuchstart im Musikgeschäft soll Kyoko Date nun auch im Radio und bald im Fernsehen Karriere machen, verrät Hori.

Mehr als 30 japanische Firmen haben bereits ihr Interesse angemeldet, das virtuelle 3D-Mädchen in einem Werbespot im Fernsehen erscheinen zu lassen. „Kyoko hat sich aber noch nicht für eine bestimmte Firma entscheiden können“, sagt Midori Harada, die rechte Hand der Horipro-Chefs. Auch in Musiksendungen soll der junge Star angeblich bald auftreten. Computer grafiker müßten ihre Minuten im Fernsehen allerdings zwei Wochen vorher technisch vorbereiten. „Kyoko wird in Zukunft in vielfacher Ausführung echten Stars Konkurrenz machen“, kündigt Yoshitaka Hori an. Es werde bald so viele TV-Kanäle geben, daß man auf virtuelle Idole zurückgreifen müsse.

Bislang können die begeisterten Fans ihren Liebling allerdings nur im Radio hören. Jede Woche geht Kyoko zwei Stunden bei Tokyo FM, einem der größten Radiosender Tokios, live über den Äther. „Ich verpasse keine ihrer Sendungen“, sagt Kumiko Homma, ein 13jähriges Mädchen in der Musikabteilung des Odakyu-Kaufhauses in Tokio. Sie wartet schon sehnsüchtig darauf, daß Kyoko endlich ihre zweite Single auf den Markt bringt. Das Neueste im Leben des Popstars erfahren die Fans auch im Internet http://www.dhw.co.jp/~horipro/talent/DK96/index.html. Kyokos Träume unterscheiden sich kaum von denen anderer Teenager. Nach einer ersten Beziehung mit einem zwei Jahren älteren Jungen aus dem Fußballklub wartet die Sängerin jetzt auf die erste große Liebe.

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