Kanzlerlob von Prominenten - Regierungen und Staaten im Internet

Von Martin Trautmann, dpa

Bundeskanzler Kohl läßt sich von Prominenten loben, Kolumbiens Regierung sagt den Drogenbossen den Kampf an und Japans Ministerpräsident Hashimoto bittet höflich um Kommentare: Auch Präsidenten, Regierungen und Parlamente haben das Internet als Mittel zur Selbstdarstellung und Kontaktpflege entdeckt. Ob Angola, El Salvador, Oman oder Vietnam - kaum eine Land verzichtet auf seine Seite im World Wide Web.

Über 170 Staaten listet allein das umfangreiche Verzeichnis „Regierungen im WWW“ ( www.gksoft.com/govt/en/world.html ) auf. Über Querverweise (Links) erreicht der Nutzer neben Präsidenten und Regierungen auch Provinzen, Bundesstaaten, Ministerien, Stadtverwaltungen, Armeen, Nationalbanken oder Tourismus- Organisationen der einzelnen Länder. Botschaften und Vertretungen bei internationalen Organisationen „krönen“ ihre Präsenz ebenfalls mit einer eigener Homepage. Für viele ärmere Länder ist dies oft die einzige Möglichkeit, sich im „globalen Dorf“ - wie das Internet häufig bezeichnet wird - zu präsentieren.

Die Reise per Mausklick bietet dem „Surfer“ interessante Einblicke in die Institutionen und deren Selbstverständnis. „Ich finde, er ist ein sehr sympathischer, ein sehr charmanter Unterhalter, mit dem man einfach ganz gerne zusammen ist“, lobt Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer Helmut Kohl auf der Kanzler-Seite der Bundesregierung. Selbst der politische Gegner Gerhard Schröder (SPD) wird mit den Worten „Also, er ist schon besser, als wir ihn manchmal machen“ zitiert. Auch der Kanzler kommt zu Wort - und nimmt unter anderem Stellung zu „Mut“, „Pathos“ und „Miesepeterei“.

Kolumbien hat andere Sorgen: „Wir sind auf dem besten Weg, den Drogenhändlern soviel Leid zuzufügen, wie sie den Menschen, die sie beliefern“, verkündet die Regierung. Patriotisch erläutert Peru ausführlich die „Symbole des Vaterlandes“. Finnlands Regierung erfreut Musiker mit den Noten des Militärmarsches der Verteidigungskräfte, während Frankreichs Premierminister ein virtuelles Bistro für Diskussionen einrichtet.

Daß der Volksschulbesuch von Norwegens König Harald zwischen 1945 bis 1950 ein „gewöhnlicher“ war, teilt das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Skandinavier mit: „Abgesehen davon, daß es für ihn im Flur der Schule einen Sicherheitsbeamten gab, unterschied sich sein Schulbesuch in keiner Weise von dem anderer Schüler.“ Israel schließlich nimmt bei seiner Führung durch das Parlament Rücksicht auf die verfügbare Zeit des Besuchers: Kurze und lange Knesset-Touren sind möglich.

Argentiniens weltgewandter Präsident Carlos Menem läßt seine Bürger besonders intensiv an seinem Wirken teilhaben. Jeder Tag der vergangenen acht Monate wird einzeln dokumentiert. Und Bilder beweisen, welche Hand um wieviel Uhr geschüttelt wurde. Daß zu einem ansprechenden Internet-Auftritt Farbfotos gehören, hat auch das Dänische Königshaus verstanden. Ein „Sammelbuch für Zeitungsausschnitt“ zeigt die schönsten Aufnahmen von Reisen und öffentlichen Auftritten der königlichen Familie.

Eher bescheiden wirkt dagegen die Homepage der vietnamesischen Botschaft in den USA, bei deren Abruf immerhin die Nationalhymne erklingt. Auf der Seite des kommunistischen Landes weist der Botschafter darauf hin, daß Vietnam „jetzt ein Land, und kein Krieg“ ist.

Eine Fundgrube für Kinder und Tierfreunde sind die Seiten von US- Präsidenten Bill Clinton und seiner Frau. Neben Aufnahmen der Familienkatze Socks wird „Das Weiße Haus für Kinder“ angeboten. Dort können auch ehemalige Präsidenten mit ihren Lieblingstieren bewundert werden. Schließlich unterstreichen die Clintons, daß Hillary ein echter Baseball-Fan ist. Wer etwas gegen diese Leidenschaft hat, kann sein Mißfallen per E-Mail direkt an den Präsidenten und seine Gattin richten.

Doch nicht immer kann das globale Dorf Internet mit der Geschwindigkeit der wirklichen Welt Schritt halten: Auf der offiziellen Seite des zentralafrikanischen Landes Zaire, das nun Demokratische Republik Kongo heißt, hält der längst abgedankte Mobutu Sese Seko wahrscheinlich seine allerletzte Rede als Präsident.

zurück

© Nordbayern Infonet