Im Duett auf Camping-Tour
Beste Freundinnen im Urlaub: vom Sonnenbrand zur ersten großen Liebe – Auch ein Streit muß sein

Auf Europas Camping-Plätzen wimmelt es zur Zeit von ihnen: Jugendliche aus aller Herren Länder mit Rucksack und Gaskocher auf Urlaubstour. Eine besonders beliebte Kombination ist dabei das Mädchen-Duett. Blickt man hinter die Kulissen, stößt man nicht selten auf ein Ereignis, das einen neuen Lebensabschnitt im Mädchenleben einläutet: der erste Urlaub – allein, ohne Eltern und vor allem mit der besten Freundin.

Wochen-, monatelang haben sie dafür gekämpft – die Annas, Paulas und Danielas: haben gebettelt, vor Wut geweint, Versprechungen gemacht und sich sogar in der Schule angestrengt. Schließlich gaben entnervte Eltern das ersehnte Okay, nicht ohne die Töchter, die doch gestern noch Babys waren, bis zum Tag der Abreise mit ängstlich-wohlmeinenden Ratschlägen zu überschütten.

Schließlich steigen zwei aufgeregte „Rucksäcke mit Beinen“ in den Zug gen Süden. In den Morgenstunden erreichen sie übernächtigt und aufgekratzt den Platz am Meer. Doch wie baut man eigentlich das Zelt vom großen Bruder auf? Mädchencharme macht's möglich, und schnell findet sich ein Junge, der noch vor dem Frühstück die Aufbauarbeit übernimmt. Ein Augenzwinkern als Dankeschön.

Nicht alles geht so einfach. Schon der erste Strandtag bringt Ernüchterung: zwei „Käsesemmeln“ zwischen bronzefarbenen Schönheiten. Da hilft nur brutzeln, was das Zeug hält. Am Abend kommt dann die Belohnung in Form eines schmerzhaften Hummerrots.

Aber selbst das Strandverbot kann richtige Freundinnen im Urlaub nicht schrecken. Denn Mädchen wissen sich immer die Zeit zu vertreiben, und kein Junge wird jemals verstehen, was in einem vor Lachen wackelnden Zelt wirklich passiert: daß sie von Schlafsack zu Schlafsack Träume spinnen, sich den perfekten Traumboy ausmalen, über den schwammigen Mathe-Lehrer, der immer nach Schweiß riecht, lästern und sich ausschütten können vor Lachen über den Jungen, der ihnen noch wenige Stunden zuvor das Zelt aufgebaut hat. Rasch ist dabei die Umgebung jenseits der Nylonhaut vergessen.

Während sich zu Hause die Mamas und Papas vor Sorge schlaflos im Bett wälzen, surren im Mädchen-Zelt schon um 23 Uhr die Reißverschlüsse der Daunensäcke. Der erste Ausgehversuch in der Camping-Pizzeria inmitten von Touristen-Familien gerät zum Flop, die langersehnten Jungs, die heißen Flirts abseits der elterlichen Obhut lassen auch auf sich warten.

Irgendwann liegt schon morgens etwas in der Luft. Vielleicht liegt es an der tropischen Schwüle, vielleicht muß es auch einfach raus. Statt Kichern Small-talk in frostigem Ton – ein Funken führt zur Explosion: Aus den besten Freundinnen werden haßerfüllte Feindinnen, die sich die bösesten Sachen an den Kopf werfen. Der Rest ist Schweigen. Die Nachbarn recken die Hälse und spitzen die Ohren, warten vergeblich auf die gewohnten Geräusche aus dem glucksenden Zelt.

Natürlich ist zwischen besten Freundinnen ein Streit nie von Dauer. Auf irgendeine belanglose Frotzelei prustet eine von beiden plötzlich los. Dagegen ist niemand gefeit: Schon bald ertönt das Kichern wieder zweistimmig. Als hätte die Versöhnung magische Kräfte, treffen die Mädchen nur wenige Tage später auf zwei Jungs. Nicht irgendwelche, sondern die Traumjungs, die einem immer am vorletzten Urlaubstag begegnen und mindestens 500 Kilometer vom heimatlichen Mädchenzimmer entfernt wohnen. Zwei Tage können zwar schnell vergehen, aber auch prall gefüllt sein mit Umarmungen, ersten Küssen, romantischen Liebesschwüren und natürlich dicken Abschiedstränen.

Wieder zu Hause angekommen, kehrt der Alltag ein: Schule, Hausaufgaben, der übliche Ärger mit den Eltern. In immer größerem Abstand werden einige Briefe an die große Urlaubsliebe verschickt, dann ist auch sie nur noch Erinnerung in Form eines Fotos. Doch eins wird die Mädchen noch lange zusammenschweißen: der erste Urlaub – allein, ohne Eltern und vor allem mit der besten Freundin.

DENISA RICHTERS

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