Auf nach China!
Eine Familie zieht nach Wuhan um

Hurra, endlich raus aus dem kalten, tristen Deutschland. Endlich geht mein Traum in Erfüllung, fremde Länder näher kennenzulernen!

Dies waren meine ersten Gedanken, als mir mein Vater vor gut einem Jahr eröffnete, daß wir im Frühjahr 1997 nach Wuhan in die Volksrepublik China ziehen würden. Ich war hellauf begeistert. Mein Vater wird dort eine für ihn sehr interessante Aufgabe in der Verkehrsplanung übernehmen. Meine kleine Schwester (11 Jahre) und ich (15 Jahre) sollen dort auf eine internationale Schule gehen, wir würden in einer aufregenden Großstadt leben – alles hörte sich sehr verlockend an.

Doch je näher der Tag der Abreise rückt, desto kritischer sehe ich das Ganze. Ja, ich wollte schon immer mal für eine Weile ins Ausland gehen. Aber ausgerechnet ins kommunistische China? In ein Land, das immer Schlagzeilen macht, weil dort angeblich ständig die Menschenrechte mit Füßen getreten werden?

Auch die Stadt macht mir angst. Eine 10-Millionen-Einwohner-Metropole. Eine Stahlstadt, die in ihrem Dreck fast zu ersticken droht. 10 Millionen fremde Menschen, und ich (fast) allein – und ich kann kein Wort Chinesisch. Selbst wenn sie alle o. k. sind, ich verstehe sie nicht!

Ausländer gibt es in Wuhan nur sehr wenige. Das ist auch ein Problem der internationalen Schule: Im Augenblick gibt es dort leider nur insgesamt zehn Schülerinnen und Schüler aller Altersklassen. Was ist, wenn wir uns nicht verstehen? Sprachlich ist das sicher kein Problem, die Unterrichtssprache ist Englisch. Aber wer weiß, was das für Typen sind. Anerkannt ist die Schule in Deutschland auch nicht. Wie kann ich nur meinen Abschluß machen? Ich darf die Verbindung zu meiner alten Scharrer-Schule nicht abreißen lassen. Schließlich will ich wieder zurück – zum Glück will mir der Direx dabei helfen.

Nun ist es, wie es ist. Ich kann nichts mehr ändern. Auf nach China!
KATHRIN STUCKE

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