Ein Hauch von London

Schon auf der Treppe künden jazzige Rhythmen und wummernde Bassdrums davon, daß heute der erste Samstag im Monat ist: "Lead with the bass-Club" - unter diesem Motto heizt das DJ-Quintett Wally, Holger, Thomas, Helmut und Jones dem Publikum im Nürnberger Stadtteilzentrum "Desi" (Brückenstraße 23) mit den neuesten Musiktrends aus London ein. Triphop, Dub, Ambient und Breakbeat lassen das Herz jedes Insiders höher schlagen.

"Für uns ist das so ein Family-Ding", erklärt Wally. "Wir kennen uns einfach schon sehr lange." Die 25jährige ist seit zwei Jahren als D-Jane aktiv. Erfahrungen hat sie bei ihrer langjährigen Tätigkeit in der Musikredaktion des Nürnberger Alternativsenders "Radio Z" gesammelt. Dem Stadtteilzentrum sind sie alle sehr verbunden. Die Fünferbande kennt die finanzielle Notlage der "Desi" und legt ihre Scheiben deshalb umsonst auf. Auch um die Organisation und Dekoration kümmert sich das Team selbst. An diesem Abend herrscht, wie so oft, eine entspannte, freundliche Atmosphäre. Aufgestylte Label-Raver trifft man hier nur selten.

Das Publikum ist bunt gemischt: Das alternative Batik-Outfit und Latzhosen sind genauso vertreten wie Zip-Bärtchen, lange Dreads oder der BWL-Student im gestreiften Hemd mit Bügelfalte. Die sympathische Selbstverständlichkeit spiegelt sich auch in der Einrichtung wider: Die Wände sind ein Mix aus grauen Holz-Paneelen, Wellblech und rot-orange getünchtem Putz. Eine etwa 40 Quadratmeter große Tanzfläche läßt es manchmal eng werden, bietet aber meist genug Platz für den individuellen Tanzstil. Sofas sorgen für Chill-out-Atmosphäre, im Sommer kann man sich im von Büschen gesäumten Biergarten unterm Sternenhimmel von den Tanzstrapazen erholen.

Den richtigen, weil gedämpften, Geräuschpegel für eine Unterhaltung zwischendurch findet man im mit Tischen und Stühlen ausgestatteten Eingangsbereich. Die Theke im mittleren Raum lockt mit zivilen Preisen. Vorbildlich ist, daß ein großes Mineralwasser (0,4 Liter) für drei Mark jedes alkoholische Getränk gleicher Menge schlägt.

Roland aus Herzogenaurach - kurze Military-Hose, rote Perlenkette um den Hals und am Oberkopf zusammengebundene Dreads - war schon bei der Premiere des "Lead with the bass-Club" im Oktober vergangenen Jahres dabei. Der 26jährige ist begeistert: "Die haben mit ihrem Musikstil den Zeitgeist getroffen, denn in den Londoner Clubs ist Triphop einfach angesagt. Wenn du woanders hingehst, kriegst du dagegen nur Bum-Bum-Techno zu hören."

Der Kreis der Liebhaber ist trotzdem noch relativ klein: "Das sind die neuen Stile, und ich verstehe gar nicht, warum das hier in Nürnberg nicht so zieht", wundert sich Wally. Das Team läßt sich jedoch nicht entmutigen und wird auch weiterhin die mittelfränkische Jugend an jedem ersten Samstag im Monat (Ausnahme: Sonderveranstaltungen, Konzerte etc. haben in der "Desi" Vorrang, dann ist das DJ-Quintett am zweiten Samstag im Monat zu hören) mit Stücken wie "Dark Lady" von DJ Food, "Stars" von Nightmares on Wax oder "Spellbounds" von Tango missionieren.     DENISA RICHTERS

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