Der Kölner Dom fliegt in die Luft
Die Zirndorferin Ulli Heinlein hat an der Verfilmung von „Geisterjäger“
mitgearbeitet
- Gespür für effektvolle Szenen

ZIRNDORF – Ulli Heinlein (Foto: Günter B. Kögler) sieht so aus, als könnte sie keiner Fliege etwas zuleide tun. In Wirklichkeit hat es die 29jährige Zirndorferin aber faustdick hinter den Ohren: Sie sprengte den Kölner Dom in die Luft.

Die Explosion des ab 1248 erbauten Kölner Wahrzeichens ist eine Sequenz aus der John Sinclair-Verfilmung „Geisterjäger“, die im Privatsender RTL zu sehen war.. Ulli Heinlein hat als Effekt-Produzentin den Spezialeffekt von A bis Z vorbereitet – der aufwendigste, der jemals „Made in Germany“ produziert wurde.

Mutter Ingrid Heinlein hat schon immer gewußt, daß ihre Tochter das Zeug für Großes hat: „Als kleines Kind hat sie mal unseren Vorhang mit der Schere ebenfalls in kleine Stücke zerlegt.“ Ulli Heinlein kann dagegen heute noch nicht glauben, daß sie nach ihrem Diplom als visuelle Kommunikations-Designerin tatsächlich die Aufnahme an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg geschafft hat – nur zehn von etwa 250 Bewerbern wurden damals angenommen. Angerechnet wurden der 29jährigen zum Glück ihre Erfahrung als Kamera-Assistentin und Cutterin beim Bayerischen Rundfunk.

Gefragtes Studium

„Damit habe ich mein Kommunikationsdesign-Studium finanziert“, erzählt Heinlein. Mit dem Action-Film „Independence Day“ ist es heute schwerer denn je geworden, einen Studienplatz in Ludwigsburg zu erhaschen. „Nach dem Streifen von Roland Emmerich hat ein richtiger Boom auf die Akademie eingesetzt, jetzt bewerben sich über 2000 Leute“, weiß die junge Frau, die dort gelernt hat, den entscheidenden Augenblick vorzubereiten und im Bild festzuhalten.

In ihrem Studienbereich Produktion war sie die einzige, die als Schwerpunkt Animation und Spezialeffekte gewählt hatte. Dementsprechend viele Arbeiten kamen ihr während ihres Studiums zu – zehn bis zwanzig dürften es schon gewesen sein, meint Heinlein. Unter anderem war sie auch am ersten in Deutschland hergestellten interaktiven Computerspiel beteiligt.

„Ich bin wahrscheinlich bekannt für meinen Pioniergeist“, meint die 29jährige. Denn kein geringerer als Thorsten Schrecke – er erstellte die Modelle für „Independence Day“ – hat Heinlein als VFX-Producerin – wie ihr Beruf eigentlich heißt – für den RTL-Dreh „Geisterjäger“ engagiert.

Lange Vorbereitung

Was kaum zu glauben ist: VFX-Supervisor Schrecke ist selbst noch Student an der Filmakademie. „Der hat das sicher nicht mehr nötig, aber er hat mir gesagt, er will sein Studium durchziehen.“ Ende Januar hat Ulli Heinlein an der Filmakademie ihr Diplom erfolgreich bestanden. Bereits seit Anfang Januar bereitete sie die Sprengung des Kölner Doms vor: Dieser wurde dazu im Maßstab 1:50 nachgebaut.

Videoaufnahmen, Fotografien, Kupferstiche und sogar einen Bastelbogen nahm Heinleins fünfköpfiges Team zu Hilfe, um das große Bauwerk rekonstruieren zu können. Während die Säulen des Modells aus Gips gegossen wurden – etwa 70 Urmodelle wurden gebaut, ehe man zufrieden war – bestanden die Fensteraufnahmen des Nachbaus aus dem Spezialkunststoff Polyurethan.

„Dieser Werkstoff wurde eigentlich geschaffen, um möglichst lange zu halten. Wir wollten jetzt eine Mischung, die möglichst schnell bricht, da hat die Herstellerfirma nicht schlecht gestaunt“, erzählt die Zirndorferin, die derzeit in Würzburg wohnt.

300 Zünder

Mit nicht weniger als 300 Zündern und einigen Mörsern wurden fünf Modelle des Doms für fünf verschiedene Kameraeinstellungen schließlich in einer Lagerhalle der Eberhard-Ludwig-Kaserne in Ludwigsburg gesprengt. Mit 230 Bildern pro Sekunde, statt der üblichen 25, wurde das laute Szenario gefilmt, damit die Aufnahmen der sechs Sekunden dauernden Explosion amerikanischen Produktionen auch wirklich in nichts nachstehen.

Heinlein ist sicher, daß die anderen Privatsender bald nachziehen werden und in Deutschland nun ein richtiger Spezialeffekte-Boom einsetzen wird. Sie selbst will deshalb erst einmal freiberuflich als Effekt-Produzentin arbeiten. „Da kann ich selbst entscheiden, was ich machen will“, sagt sie. Und weil es in Deutschland derzeit noch nicht allzuviele VFX-Producer gibt, hofft Heinlein automatisch immer wieder ins Gespräch bei anderen Produktionen zu kommen.

Richtige VFX-Pampa

Allerdings, so fügt sie hinzu, sei Deutschland derzeit schon noch eine richtige VFX-Pampa. „Allein bis ich die Spezialkamera hatte, von denen es in Europa nur zwei gibt, mußte ich viele Verhandlungen führen. In Amerika genügt ein Anruf und man hat so ein Ding vor der Türe stehen.“ ROLAND BECK

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