Bei höherer Wassertemperatur
fressen die Karpfen mehr
Ein Erlanger Fischwirtschaftsmeister erklärt, warum die fränkische Spezialität hauptsächlich in den Monaten mit einem „r“ serviert wird

Warum gibt es nur in den Monaten mit „r“, also von September bis April, Karpfen?

Oberle: Auf Grund höherer Wassertemperaturen fressen Karpfen mehr und nehmen an Gewicht zu. Das ist bei uns hier hauptsächlich in den „Monaten ohne r“. In dieser Zeit nehmen die „Karpfensetzlinge“ von etwa 500 g auf 1250 g zu; sie haben damit die gewünschte „Verzehrgröße“. Bei höheren Wassertemperaturen sind die Fische auch schwieriger abzufischen und zu halten (Sauerstoffmangel). Im Sommer wachsen zudem ab und an Blaualgen im und auf dem Wasser, deren unangenehmer Geschmack auf das Fischfleisch übergehen kann. Man sagt, der Karpfen „mooselt“. Solche Fische werden dann normalerweise in klarem Brunnenwasser gehalten, wodurch sich dieser Geschmack von selbst wieder verliert. Außerdem laichen im April/Mai die Rogner (Weibchen) ab.

Wie wird abgefischt?

Oberle: Wir fischen zweimal im Jahr ab, im Herbst und noch einmal Ende März/Anfang April, wenn die Fische aus den Winterungsteichen in „normale“ Teiche umgesetzt werden. Das Wasser wird abgelassen, bis nur noch vor dem Mönch eine ca. 50 bis 60 cm tiefe „Abfischgrube“ stehenbleibt. In unseren Wat-Hosen, die bis zur Brust reichen, laufen wir dann mit dem Zugnetz oder mit Käschern durchs Wasser und holen die Karpfen ab 1 Kilo Gewicht und 35 Zentimeter Länge – übrigens können sie 30 bis 40 Pfund schwer und bis zu 50 Jahre alt werden – heraus. Sie werden nach Größe und Schwere in verschiedene Wannen sortiert und in Behältern mit 2000 Litern sauerstoffangereichertem Wasser abtransportiert – also lebend. Wir verkaufen jährlich etwa 40 Tonnen Fisch zum Beispiel an Vereine weiter. Unsere Jungfische, besonders die ökologisch wertvollen, werden auch in den bayerischen Seen oder in Main und Rhein „ausgewildert“, um den Fischbestand in den natürlichen Gewässern wieder aufzufüllen.

Was fressen Karpfen?

Oberle: Karpfen werden extensiv gehalten, das heißt sie suchen sich ihre Nahrung im Teich selbst, z. B. Plankton. Wir füttern zusätzlich noch etwas Weizen und Roggen. Der Karpfen ist also ein Naturprodukt schlechthin.

Haben Karpfen Feinde?

Oberle: Ja, Raubfische, z. B. Hechte oder Waller, aber auch Eisvögel, Tauchenten, Haubentaucher, Kormorane, Fischreiher und Fischadler. Wir freuen uns als Naturliebhaber an der intakten Natur, in den letzten Jahren nahmen Fischreiher und Kormorane aber überhand und richteten immensen Schaden an. Giftköder habe ich jedoch deswegen noch nie ausgelegt.Gewässerverschmutzungen durch Gülle, künstliche Düngemittel, Klärschlamm, Abwasser oder Silosickersäfte mehren sich ebenfalls und verursachen auch Fischkrankheiten, wie z. B. die Karpfenpocken. Es sind auch schon Fische getohlen worden; letztes Jahr wurde gar ein ganzer Weiher abgelassen und etwa sieben Zentner Fische herausgeholt!

Was machen die Karpfen eigentlich im Winter?

Oberle: Sie fressen sich eine Fettschicht an, drängen sich zusammen und halten dann Winterruhe. Deshalb ist das Schlittschuhlaufen auf Karpfenteichen verboten – der Schall überträgt sich unter Wasser siebenmal stärker – die Karpfen „erschrecken“ und wollen wegschwimmen. Da aber unter der Eisdecke weder genügend Sauerstoff noch Nahrung zur Verfügung stehen, müssen sie sterben oder sie sind so geschwächt, daß sie sehr anfällig gegen Krankheiten werden. Bis zu 200 000 Eier pro ein Kilogramm Lebendgewicht kann ein Weibchen legen, davon schlüpfen dann ungefähr zehn bis 60 Prozent Jungfische aus. Da jedoch selbst großes Plankton den winzigen Fischen gefährlich werden könnte, filtern wir das Wasser in den Ablaichteichen.

Verraten Sie uns noch Ihr Lieblingsrezept?

Oberle: Meine Mutter bereitet vorzüglich Karpfen in Weinsoße zu, und ich mag außerdem besonders gerne Karpfen in Dillsoße.

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