Musik mit Leib und Seele

In den nächsten Extrablatt-Ausgaben stellen wir Euch jeweils Musiker und Gruppen vor, die bei „Rock im Park“ an Pfingsten in Nürnberg dabei sein werden. Unser Mitarbeiter Stephan Stöckel sprach kürzlich mit Damon Minchella, dem Bassisten von „Ocean Color Scene“.

Die Band aus Birmingham hat sich ganz der Musik der 60er Jahre verschrieben und stiegt mit ihrem meisterlichen Debüt-Album „The Moseley Shoals“ im vergangenen Jahr in ihrem Heimatland zur zweitpopulärsten Gitarren-Band nach „Oasis“ auf. Nun wollen Simon Fowler (Gesang, und akustische Gitarre), Steve Cradock (Gitarre, Piano und Gesang), Damon Minchella (Baß) und Oscar Harrison (Schlagzeug) auch Deutschland erobern.

Einige Musikkritiker werfen Euch vor, Ihr würdet nur die Musik der 60er Jahre kopieren. Fühlst Du Dich getroffen von dem Vorwurf?

Damon: Nein. Ich kümmere mich nicht darum, was die Kritiker schreiben. Diese Leute sind keine Musiker. Sie wissen überhaupt nicht, wie man gute Rockmusik spielt.

Was fasziniert Dich an der Musik der 60er Jahre?

Damon: Damals wurde noch mit Leib und Seele musiziert. Ich liebe die Soul- und Rhytm'n'Blues-Musik aus jener Zeit. Sie ist sehr gefühlvoll. Marvin Gaye ist einer meiner Lieblingsinterpreten. Da wir alle in der Band diese Musik mögen, sind wir davon stark beeinflußt. Aber wir versuchen nicht auf Teufel komm raus, wie eine 60er-Jahre-Band zu klingen, sondern spielen unseren eigenen Sound, so wie wir ihn uns vorstellen.

Glaubst Du, das diese Zeit den Jugendlichen von heute überhaupt noch etwas bedeutet? Ich denke da besonders an die jungen Leute außerhalb Englands.

Damon: Ich glaube schon. In Japan haben wir ebenso wie in England über eine Million Platten verkauft. In Deutschland waren es immerhin rund 12 000 Exemplare. Man muß sich nicht unbedingt mit dem Lebensstil und dem Sound der 60er Jahre identifizieren, um unsere Musik zu mögen. Die Mehrzahl unserer Besucher gehört nicht zu den Mods oder Sixtie-Freaks. Sie erfreuen sich einfach an guter Gitarrenmusik.

Du hast in der Begleitband von Superstar Paul Weller gespielt, der im vergangenen Jahr sein zwanzigjähriges Bühnenjubiläum feierte. Ging für Dich damit ein Kindheitstraum in Erfüllung?

Damon: Nein. Ich habe nie davon geträumt, mit ihm einmal zusammenzuarbeiten. Ich war kein großer Bewunderer von seinen Bands „The Jam“ und „Style Council“. Erst seine Soloplatten fand ich Klasse. Als ich das Angebot erhielt, ihn auf seinen Tourneen als Bassist begleiten zu dürfen, habe ich mich natürlich sehr darüber gefreut. Für mich ist Paul Weller alles in allem eine der wichtigsten Persönlichkeiten, die die englische Musikszene in den vergangenen zwanzig Jahren hervorgebracht hat. Aufgrund des enormen Erfolgs mit „Ocean Colour Scene“ habe ich leider keine Zeit mehr, mit ihm zusammenzuspielen.

Im vergangenen Jahr habt ihr mit „Oasis“ beim „Knebworth Open air“ in England gespielt.

Damon: Richtig. Wir spielten vor 125 000 Fans. Als wir unseren großen Hit „The Day We Caught The Train“ vortrugen, stimmte das Publikum mit ein. Es sang jede Strophe mit. Für uns war dies ein unvergeßlicher Moment.

Am 18. Mai spielt ihr bei „Rock im Park“ mit. Wie fühlt man sich, mit solch weltbekannten Bands wie „Kiss“, „Aerosmith“ und „Supertramp“ auf einer Bühne zu stehen?

Damon: Ich wußte noch gar nicht, daß wir mit diesen Gruppen auftreten. Die drei Bands bedeuten mir nicht viel.

Hast Du in Deiner Jugend – so wie es viele Kids damals getan haben – nicht auch Kiss verehrt?

Damon: Nein. Ich war noch nie ein Heavy-Metal-Fan.

Welche Bands, die bei „Rock im Park“ mitspielen, kannst Du unseren Lesern empfehlen?

Damon: Die drei englischen Bands „Cast“, „Reel“ und „Supergrass“. Sie spielen eine erstklassige Musik.

Wann erscheint Euer zweites Album?

Damon: Im August. Ein paar Stücke davon stellen wir bei „Rock im Park“ vor.

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