Selbst Küssen macht keine Probleme
Besuch in einem Piercing- und Tattoo-Studio – Früher als Markenzeichen von Seeleuten verschrieen

Wer kommt zu Ihnen?

Tomas: Die meisten Kunden kommen aus dem Raum Höchstadt bis Bamberg und sind zwischen 23 und 30 Jahre alt. Im Sommer wollen mehr Frauen als Männer verschönert werden. Bevorzugte Tattoos sind Rosen, Delphine, Adler, Totenköpfe, Drachen auf Schulterblatt, Arm, Po oder Unterschenkel. Beim Piercing werden am häufigsten Ringe, seltener Stecker in Lippen, Nasenflügel oder am äußeren Rand der Augenbraue gewünscht.

Wie wird's gemacht?

Tomas: Zunächst kann sich der Kunde eine Vorlage aus einem der vielen Musterbücher aussuchen; die meisten Zeichnungen habe ich selbst entworfen. Der Kunde kann aber auch ein eigenes Design mitbringen oder nach Wunsch anfertigen lassen. Es wird auf eine Art Blaupapier übertragen und – ähnlich einem Abziehbild – auf den desinfizierten Arm fest aufgedrückt.

Dann wird mit Nadeln unterschiedlicher Größe, die in „Tattoo-Pistolen“ eingesetzt werden, dieses Muster eingeritzt, schattiert und schließlich eingefärbt. Für kleinere Tattoos, etwa eine Rose oder einen Delphin, brauche ich ungefähr eine Viertelstunde, für größere entsprechend mehr.

Große Tattoos können nur mit Unterbrechungen – mindestens ein Monat Pause – gemacht werden, denn länger als vier Stunden kann ein Kunde nicht stillsitzen, außerdem hat er dann größere Schmerzen, er wird ja nicht narkotisiert. Nach der Behandlung sollte man vier Wochen lang nicht ins Bad oder in die Sonne gehen.

Worauf müssen Sie bei Ihrer Arbeit besonders achten?

Tomas: Wichtig ist natürlich die Hygiene: Handschuhe schützen vor möglicher Ansteckung (besonders mit Hepatitis B, weniger mit Aids). Die Nadeln der Tattoo-Pistolen werden höchstens zwei- bis dreimal verwendet, aber natürlich immer wieder – wie alle anderen Instrumente auch – im Ultraschallreiniger und im Sterilisationsge rät bei 180 Grad desinfiziert.

TÜV und Gesundheitsamt überprüfen das Studio zweimal jährlich unangemeldet. Piercing verursacht weniger Schmerzen als das Tätowieren – es ist so, als ob man eine Spritze vom Zahnarzt bekommt. Mit einer Kanüle wird ein etwa ein Millimeter großes Loch z. B. im Nasenflügel durchstoßen, durch das dann der Ring oder Stecker aus rostfreiem Titan geführt wird.

Die Wunden werden mit speziellen Pflegeartikeln behandelt, bis die Narben verheilt sind. Wird die Zunge gepierct, ist das wenig angenehm, da sie anschwillt – eine Woche lang sind Essen und Reden schwierig! Danach ist alles vergessen, und man gewöhnt sich schnell an den Ring – selbst das Küssen macht keine Probleme! Übrigens muß jeder Kunde, der gepierct werden will, vor der Behandlung schriftlich sein Einverständnis erklären – Piercing erfüllt nämlich den strafrechtlichen Bestand der Körperverletzung!

Kann man Tattoos oder Piercings wieder entfernen?

Tomas: Tätowierungen nimmt man mit ins Grab! Ich tätowiere Kinder deshalb überhaupt nicht, 16- bis 18jährige müssen außer ihrem Ausweis auch die Erlaubnis ihrer Eltern mitbringen. Ich mache ihnen dann auch nur ein kleines Tattoo, denn sie könnten ihren Wunsch später vielleicht einmal bereuen. Piercing-Ringe oder Stecker lassen sich herausmachen, die Löcher wachsen in der Regel problemlos zu, die Zunge zum Beispiel innerhalb von vier Stunden.

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