Nur „rollende Köpfe“?
Für das „Junge Theater“ Nürnberg fällt bald der letzte Vorhang

Junge Leute gehen nicht gerne ins Theater. Wer dies glaubt, der sollte sich vom Gegenteil überzeugen lassen und eine Vorstellung des Jungen Theaters der Städtischen Bühnen Nürnberg besuchen. Im Publikum finden sich Jugendliche, die nicht in die Kammerspiele gehen, weil ihre Eltern und Lehrer das verordnen, sondern weil es Spaß macht.

Das Junge Theater spielt nicht nur in Nürnberg eine wichtige Rolle, sondern auch in vielen Städten der Region. Die zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jungen Theaters bringen professionelles Schauspiel auf die „Bretter, die die Welt bedeuten“ sollen. Wenn es nach dem Willen des Stadtrates geht, ist Schluß damit. Das städtische Kinder- und Jugendtheater wird es ab September 1997 nicht mehr geben.

Wir leben in der Zeit extrem knapper Kassen, so daß es Politikern nicht schwer fällt, Kürzungen im Kulturbereich zu begründen. Verwunderlich ist nur, daß die Schließung des Jungen Theaters keine Einsparung bringen kann. Im Gegenteil, zunächst kostet allein die Abschaffung der Sparte, die Städtischen Bühnen und damit den Steuerzahler weit über 100 000 Mark, denn die Einnahmen aus Herbst und Winter werden bei der Jahresabrechnung fehlen.

Den Bereich des Kindertheaters im Hause der Städtischen Bühnen sollen zwei freie Kindertheatergruppen übernehmen, die zu Gastspielen in die Kammerspiele eingeladen werden. Sie können mit ganz erheblicher Unterstützung durch das Nürnberger Theater rechnen.

Trotz der Abschaffung haben das Junge Theater und sein Leiter, Matthias Fischer den Verantwortlichen ein neues Konzept vorgelegt. Ein Modell, das ein Weiterbestehen un abhängig von den Städtischen Bühnen garantieren könnte. Neben den Hauptspielstätten in Nürnberg, im Cinecittà und auf der Theaterbühne im Rudolf-Steiner-Haus, könnte die Landesbühne Bayern gegründet werden, die an den Spielstätten der Region gastiert.

70 000 Mark fehlen noch

Sponsoren haben sich bereits gefunden, die Bezirksregierung in Ansbach möchte ihren Beitrag leisten und die Landesregierung in München hat ihre Unterstützung zugesichert. Zur Grundfinanzierung fehlen noch 70 000 Mark von der Stadt Nürnberg, die sieben Arbeitsplätze, eine erfolgreiche Theaterarbeit und eine in Bayern einmalige Jugendtheaterkultur erhalten könnten.

Bleibt Nürnberg doch nur „Raum für rollende Köpfe?“. Die Damen und Herren im Rathaus sollten bedenken, daß ein wirtschaftlicher Aufstieg nur mit einem breiten leistungsfähigen Kulturangebot gelingen kann. In Zeiten, in denen immer mehr junge Leute auf der Straße stehen und keinen Job finden, darf nicht auch noch die kulturelle Szene kollabieren. Ein Theaterbesuch ist nicht nur Freizeitgestaltung, sondern kann auch Anregung sein, aktiv zu werden.

Wir sollten alles versuchen, daß das junge Theater in Nürnberg erhalten bleibt. Warum zückt ihr nicht einfach Papier und Füller und schreibt unserem Oberbürgermeister Ludwig Scholz einen netten Brief? Woher soll der Mann denn wissen, daß es in der Stadt jede Menge junger Menschen gibt, die ein gutes Jugendtheater ebenso brauchen wie eine Lehrstelle. Herr Scholz, schaffen Sie mit ihrer Unterstützung des Jungen Theaters „Raum für starke Theater-Köpfe!“

MALTE BURDEKAT, Peter Vischer-Schule Nürnberg

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© Nürnberger Nachrichten