Der Charme der Achziger

Spitalwaldstraße Schwabach: Im Dunkel der Nacht scheint das Gewerbegebiet wie ausgestorben. Doch der Schein trügt. "Trend" leuchtet es über einem Flachbau neonfarben in den Himmel, und "Party" lautet das Motto im Innern der Diskothek. Es ist Freitag abend, das bedeutet musikalisches Kontrastprogramm von Elvis bis zu Depeche Mode. Auch die gute alte "Neue Deutsche Welle" darf da nicht fehlen. "Ich seh` den Sternenhimmel . . .", kommt es unter Seifenblasen lauthals aus hunderten Kehlen. Und das ist nicht übertrieben, denn auf 700 Quadratmetern drängen sich heute etwa 1100 Jugendliche.

Die meisten tragen Baseballkappen und haben Pullover um die Hüften geschlungen. Aber man trifft auch grüppchenweise Raritäten wie Teds oder Psychobillys in "Fred Perry"-Shirts. Björn aus Schwanstetten gehört zu den wenigen "Langhaarigen". Eigentlich arbeitet er im "Trend", aber er ist - wie heute - auch oft privat anzutreffen. "Hier sind einfach alle Leute, die du brauchst", sagt der 18jährige.

Das "Trend" hat den Charme einer Diskothek aus den Achtzigern: Über der großen Tanzfläche im Zentrum hängt eine wuchtige, T-förmige Lichtanlage, schwarze, mit Lichterketten beleuchtete Stufen führen zum DJ-Podest aus Glasbausteinen. Um die Tanzfläche gruppieren sich drei Bars. Hier gibt es Pils, Cocktails (vom Klassiker bis zum Nullprozentigen) und "Laternenmaß" für den ultimativen Blackout. Für Abwechslung sorgt die Spielecke: Flipper, Computerspiele und ein Kicker, an dem regelmäßig harte Kämpfe ausgefochten werden. Wer sich vom Partystreß erholen will, kann sich auch ins ruhige Bistro im Eingangsbereich absetzen oder vom "Babylon" - einem nach allen Seiten offenen Raum - aus sicherer Distanz die Tanzfläche im Auge behalten.

Doch die Lautstärke kann der Kommunikation im "Trend" ohnehin nicht im Wege stehen: Spontane Grüße, Sprüche und Wünsche werden über Monitore schwarz auf weiß in der ganzen Diskothek verbreitet. "Hi, ihr zwei! Peace, Love and Harmony for Nadl + viele Bussis auch an Katrin" läßt ein "Ramönchen" soeben über die Bildschirme flimmern. Andere suchen die Traumfrau, eine Sängerin oder verkünden ihre Botschaft einfach mit witzigen Cartoons. DJ Falco kann sich sogar an einen Rekord erinnern: 112 Videobotschaften wanderten an besagtem Abend über die Monitore.

Um zwei Uhr morgens steigt der Besucherpegel nochmals an, denn jetzt ist der Eintritt frei. Etwa eine halbe Stunde später wechselt DJ Falco sein Programm: Mit "House" und wabernden Nebelschwaden heizt er den Tanzwütigen nochmal so richtig ein, bevor sich um 3.30 Uhr endgültig die Pforten schließen. Doch am Samstag geht`s ab 20 Uhr mit Indie, Wave und Grunge wieder weiter. (Mittwoch: House, 20 bis 2 Uhr, Donnerstag: Wave und Britpop, 20 bis 2 Uhr)

DENISA RICHTERS

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© Nürnberger Nachrichten 1996