Messungen in Frage gestellt

Die gängige Praxis polizeilicher Abstandsmessungen wurde durch ein Urteil des Amtsgerichts in Homburg/Saar (OWi 120/97) bundesweit in Frage gestellt.

Zur Überführung von Abstandssündern überwacht die Polizei bekanntlich den fließenden Verkehr mit Videokameras von Autobahnbrücken aus. Als Beweismittel dienen von der Brücke aufgenommene Bilder. Dabei werden in fast allen Bundesländern die „verdächtigen“ Fahrzeuge auf einer Distanz von 50 Metern gemessen. Der so festgestellte Abstand ist – bezogen auf eine Entfernung von 50 Metern – kaum angreifbar, erklärte Hans-Jürgen Gebhardt, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Verkehrsrechts-Anwälte. Ein Bußgeld oder ein Fahrverbot könnten aber nur dann verhängt werden, wenn der Abstand über einen längeren Zeitraum und damit eine längere Distanz – nach der Rechtsprechung etwa 150 bis 200 Meter – unterschritten wird. Andernfalls müsse zugunsten des betroffenen Autofahrers ein höherer Toleranzwert berücksichtigt werden.

Das bestätigten jetzt auch Sachverständige vor dem Homburger Amtsgericht. Sie stellten klar, daß sich die Beamten bei der Auswertung der Videobänder in den Amtsstuben hinsichtlich der Veränderungen des Abstandes um bis zu 25 Prozent verschätzen könnten – zum einen, wegen des beschränkten menschlichen Sehvermögens, zum anderen wegen der videotypischen Auflösung der Bilder.

Nach der derzeitigen Praxis könnten zehn Zentimeter ausschlaggebend für den Verlust des Führerscheins sein: beispielsweise 13,90 statt 14 Meter Abstand bei Tempo 140. Mit solchen Entscheidungen, sagte Gebhardt, müsse nun Schluß sein. va

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