Großer Run auf den kleinen Mercedes

Der Erfolg einer ungewöhnlich aufwendigen Werbekampagne: Sieben Wochen nach Beginn der Auftragsannahme für die neue Mercedes-A-Klasse ist die Produktion dieses Jahres (ca. 28 000 Fahrzeuge) ausgebucht. Wer jetzt den kürzesten aller Mercedes-Pkw ordert, wird bereits auf das erste Quartal 1998 vertröstet. Dabei haben die wenigsten Käufer den neuen „Baby-Benz“ in natura gesehen. „Anfassen“ und probefahren ist erst ab der Markteinführung im Oktober möglich.

Der Run auf die 3,57 Meter kurze A-Klasse ist um so erstaunlicher, als der subkompakte Mercedes in keine der gängigen Schablonen paßt. Er ist ein Stadtwagen mit dem Raumangebot und Komfort eines Familienautos, der Variabilität eines Minivans sowie mit der Leistung und dem Preis eines Autos der gehobenen Kompaktklasse. Über wesentliche Details haben wir bereits ausführlich berichtet:

über die besondere Sandwich-Bauweise, d. h. Antriebstechnik und Aggregate sind vor und unter dem Wagenboden untergebracht, der Wagenboden liegt dadurch rund 20 Zentimeter über dem gewohnten Niveau;

über den variablen Innenraum, d. h. die im Verhältnis 1/3 zu 2/3 geteilte Rücksitzbank kann in Längsrichtung verschoben oder um- und hochgeklappt werden, die beiden Bankteile können ganz oder teilweise ausgebaut werden (zusätzlich: herausnehmbarer Beifahrersitz gegen 345 Mark Aufpreis);

über den hohen Sicherheitsstandard, der dem der E-Klasse entsprechen soll, d. h. serienmäßig sind Fahrer- und Beifahrer-Airbag, Seiten-Airbags in den vorderen Türen, Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer für die Vordersitze sowie Gurtstraffer für die Dreipunktgurte im Fond und Kopfstützen auf allen fünf Sitzen.

Gewöhnungsbedürftig bei der putzigen A-Klasse ist vor allem die Seitenansicht mit der hochgezogenen Fensterlinie, den Fensterecken vorne und den Dreiecksfenstern hinten. Die Frontpartie geriet zur Schokoladenseite, das Heck ist schwungvoll schlicht. Der Einstieg ist ähnlich hoch wie in einem Minivan. Die Sitzposition vorne ist dagegen tief, fast wie in einem Sportwagen (das Sitzniveau hinten ist höher), was die Knie nach oben zwingt, jedoch auch zu der erstaunlichen Kopffreiheit beiträgt. Während die Innenraumlänge auch den Fondpassagieren komfortablen Beinraum garantiert, ist es um die Breite nicht so gut bestellt.

Bei der Innenraumgestaltung läßt Mercedes zögerlichen Mut zur Farbe erkennen, der Kontrast zur wohnlichen Bestuhlung und Verkleidung ist die unübersehbar knallharte Plastik-Armaturentafel. Das Kombiinstrument ist übersichtlich, gleiches gilt für die Bedientasten. Das relativ steil stehende Lenkrad ist knubbelig-handlich, die Schaltung kurz und knackig, die Pedalerie leichtgängig. Noch einfacher wird die Bedienung mit dem automatischen Kupplungssystem für das Fünfganggetriebe (1265 Mark Aufpreis), bei dem das Kupplungspedal entfällt. Es gibt ausreichend Ablagen und Dosenhalter im A-Modell. Wer auf das serienmäßige Reifendichtmittel vertraut und auf das Reserverad verzichtet, kann unter dem stabilen Ladeboden ein großes abgedecktes Fach nutzen.

So handlich-wendig die A-Klasse aussieht, so läßt sie sich auch bewegen. Bei Kurvenfahrten macht sich zwar - ähnlich wie bei einem Minivan - der hohe Schwerpunkt bemerkbar, doch sind die Fahreigenschaften mit dem vielstrapazierten Begriff „gutmütig“ exakt beschrieben. Tadellos ist auch der Geradeauslauf. Wind- und mechanische Geräusche sind erfreulich niedrig, dadurch fallen allerdings die Abrollgeräusche der Reifen stärker auf. Der Federungskomfort ist für ein Auto dieser Länge gelungen; Abstriche müssen nur bei Querrillen gemacht werden. WILFRIED HIERSE

Motoren speziell für die A-Klasse

Das Motorenangebot wird bis Mitte 1999 fünf ganz speziell und ausschließlich für die A-Klasse entwickelte Moto ren umfassen. Vom Start im Oktober weg stehen zwei Benzin-Motoren (Euro-3) zur Verfügung: der im Ton sehr angenehme 1,4-Liter, mit dem der immerhin 1025 kg schwere Kompakt-Mercedes ausreichend flott motorisiert ist, und der etwas kerniger tönende 1,6-Liter, der über deutlich mehr Durchzugskraft verfügt und vor allem eine muntere Antriebsquelle für die sportliche Avantgarde-Version ist.

Im zweiten Quartal 1998 folgt der stärkere der beiden hochmodernen 1,7-Liter-Turbodiesel mit Direkteinspritzung (Common-Rail), der mit ordentlich Power über ein breites Drehzahlband erstmals den VW/Audi-TDI-Motoren ernsthaft Konkurrenz machen kann. Der schwächere 1,6-Liter-Turbodiesel ist ab Herbst 1998 verfügbar; auch mit ihm kommt man überraschend zügig und dazu besonders sparsam voran. Vorserien-Dieselmotoren, die bei ersten Testfahrten zur Verfügung standen, erwiesen sich als ungewöhnlich leise.

Über den fünften Motor, der 1999 die Palette zunächst abrundet, ist nur bekannt, daß er 1,9 Liter Hubraum und 90 kW/122 PS haben wird. wh

Preise und
Ausstattungen

A 140 (60 kW/82 PS) 30 360 Mark
A 160 (75 kW/102 PS) 32 430 Mark
A 170 Turbodiesel (66 kW/90 PS) 34 385 Mark

Classic-Ausstattung (Basis) mit u. a. zwei Airbags, ABS, beheizbaren und elektrisch einstellbaren Außenspiegeln, Drehzahlmesser, elektrischen Fensterhebern vorne, Servolenkung, Nebelscheinwerfern, Umluftschalter und Staubfilter sowie Zentralverriegelung.

Elegance (2587 Mark Aufpreis) mit u. a. Breitreifen 175/65 R 15 auf Leichtmetallrädern, elektrischen Fensterhebern hinten, Gepäckraumabdeckung, höhenverstellbarem Lederlenkrad und Funkfernbedienung für die Zentralverriegelung.

Avantgarde (2587 Mark Aufpreis) mit u. a. Kühlergrill in Silber lackiert, Breitreifen 195/50 R 16 auf Leichtmetallrädern, Sportfahrwerk, Stoff/Leder-Polsterung, Kombiinstrument mit hellem Zifferblatt, höhenverstellbarem Lederlenkrad, Gepäckraumabdeckung, wärmedämmendem Glas und Funkfernbedienung für die Zentralverriegelung.


Das Lamellenschiebdach mit spezieller „Lüftungsposition“, d. h. nur der vordersten und hintersten aufgestellten Lamelle, kostet 1725 Mark Aufpreis.

E-Mail

zurück

© Nürnberger Nachrichten