Mehr Pkw durch mehr
mobile Frauen Frauen geben Gas lautet das Fazit der neuen Shell-Studie zur Motorisierung in Deutschland, die bis zum Jahr 2020 einen Bestand von 46,5 bis 51 Millionen Pkw (heute: 41 Millionen) voraussagt. Damit der Blick in die Zukunft nicht Kaffeesatz-Leserei ist, arbeitet die Studie mit zwei Szenarien, denen unterschiedliche Annahmen über die jeweiligen Rahmenbedingungen zugrunde liegen. Bei den Machern hat man
amerikanische Verhältnisse vor Augen: ausgeprägte
individuelle Mobilität und Flexibilität, Abbau
bürokratischer Hürden und unzureichende Vernetzung der
Verkehrssysteme untereinander. Dem Auto wird ein hoher
Stellenwert beigemessen. Gemeinsinn tendiert
eher zu einer asiatischen Gesellschaftsphilosophie: der
einzelne ordnet sich der Gemeinschaft unter, es wird ein
leistungsfähiges und kostengünstiges Verkehrssystem mit
optimaler Vernetzung geschaffen. Das abgasarme Auto
bleibt wichtiges Transportmittel, steht aber nicht mehr
so im Mittelpunkt, weil es Mobilitätsalternativen gibt. Egal ob nun Macher oder Gemeinsinn: Frauen fördern das Wachstum der Motorisierung, wenn auch in unterschiedlicher Stärke. Sie haben auch Nachholbedarf, denn trotz der gewaltigen Steigerung der Motorisierung während der vergangenen Jahre haben Frauen bis heute weniger als 40 Prozent der Pkw-Dichte der Männer erreicht die waren 1996 mit 840 Pkw pro 1000 Mann fast voll motorisiert. Dies sind statistische Zahlen. In der Praxis sind mehr Frauen motorisiert, weil sie häufig Fahrzeuge nutzen, die auf den Namen des Lebensgefährten oder Freundes zugelassen sind. Bleibt es bei der ausgeprägten Individualität (Macher), dann wird die Pkw-Dichte in Deutschland von heute 621 auf 736 Pkw pro 1000 Erwachsene steigen. In der Hauptsache durch Frauen bis ins höhere Alter, und zwar um 60 Prozent auf rund 500 Autos pro 1000 Frauen. Berufstätigkeit, finanzielle Selbständigkeit, der weiterhin bestehende Trend zum Zweit- und Drittwagen in Familien sowie die steigende Zahl von Single-Haushalten heute leben acht von 34 Millionen Frauen allein werden die Mobilität der Frauen weiter erhöhen. Dieser Trend ist ja bereits bei jungen Frauen erkennbar: jede fünfte besitzt drei Jahre nach Erwerb der Fahrerlaubnis bereits ein auf sie zugelassenes Auto. Kommt das Szenario
Gemeinsinn zum Tragen, wird sich die gleiche
Entwicklung vollziehen, wenn auch in abgeschwächter
Form. Dann geht die Studie davon aus, daß die Pkw-Dichte
nur auf 450 Autos pro 1000 Frauen zunehmen
wird. Da wirkt sich dann aus, daß speziell bei jungen
Menschen ein Umdenken einsetzt, Single-Haushalte in
Ballungsgebieten mehr und mehr auf das eigene Auto
verzichten und das attraktive öffentliche Verkehrsnetz
den Trend zu weiteren Zweit- oder Drittwagen stoppt. Unabhängig von den genannten Szenarien ist ein Anstieg der Mobilisierung bei den älteren Menschen und hier wiederum besonders bei den Frauen. Immer mehr Männer und Frauen wachsen in die Gruppe der Senioren hinein und werden weiterhin Auto fahren. Zum einen, weil sie den Besitz und Komfort eines eigenen Fahrzeugs gewöhnt sind, zum anderen, weil ihnen das Auto wie kein anderes Verkehrsmittel ermöglicht, im Alter aktiv am Leben teilzunehmen. Während die Shell-Studie bei Senioren nur einen geringen Nachholbedarf erwartet, geht sie davon aus, daß bei den Seniorinnen die Motorisierung bis zum Jahr 2020 fast um das Vierfache steigen wird. WILFRIED HIERSE |
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