Stauwarner hoffen auf Milliardengeschäft

Mit dem Auto-Navigationssystem allein ist es nicht mehr getan. Die Zukunft gehört der Verkehrstelematik. So präsentiert beispielsweise Opel mit dem „OnStar“ auf der IAA ein mobiles Kommunikationssystem, das dem Fahrer per Mobiltelefon und Freisprechanlage ermöglicht, über eine Service-Hotline Informationen einzuholen. Die Telekom offeriert den T-Traffic-Service, der durch gezielte Stauinformationen, wetterbedingte Behinderungen oder Baustellen vor allem auf Autobahnen und Bundesstraßen wieder zu mehr Mobilität verhelfen will. Ähnliche Pläne verfolgen u. a. Daimler-Benz, BMW, Ford und Audi.

Ausgelöst wurde die Entwicklung dieser Service-Dienste durch die lawinenartige Zunahme des Straßenverkehrs in allen europäischen Ländern. Das Straßennetz konnte und kann mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten. Soll der Autofahrer auf den Schnellstraßen zügig vorankommen, muß er die Verkehrsinformationen so frühzeitig bekommen, daß er seine geplante Reiseroute kurzfristig ändern und eventuell entstandene Behinderungen umfahren kann.

Daran sind vor allem die Fahrer interessiert, die beruflich viel auch Achse sind. Sie würden es sich in der Regel auch etwas kosten lassen, wenn sie ihre Ziele termingerecht erreichen. Darauf spekulieren die neuen Service-Anbieter. Experten schätzen, daß das europäische Marktvolumen für diese Dienste bis zum Jahr 2010 bei rund 200 Milliarden Mark liegen wird.

Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge werden wohl alle Telematik-Anbieter zunächst nach dem gleichen Schema arbeiten: Nutzer der Dienste können Verkehrsinformationen über das Mobiltelefon von einem Service-Center anfordern. Verbesserte Systeme sind jedoch in Sicht. So wollen T-Traffic und die Mannesmann-Tochter autocom spezielle Geräte – für 1000 bis 5000 Mark – für das Armaturenbrett anbieten, mit denen Autofahrer per Knopfdruck die für sie erheblichen Verkehrsmeldungen übermittelt bekommen.

Ortung via Satellit

Wie die Verkehrstelematik per Mobilfunk funktioniert, zeigt das „OnStar“-System von Opel: Der Fahrer bekommt ein Handy mit Freisprechanlage und einprogrammierter Nummer des Service-Centers. In Deutschland, und bald auch in anderen europäischen Staaten, kann er Verbindung mit der regionalen Leitzentrale aufnehmen. Von der erhält er nicht nur Informationen über die Verkehrslage, sondern kann sich durch eine fremde Stadt lotsen lassen, einen Platz in einem Parkhaus reservieren oder ein Hotelzimmer bestellen. Dem Service-Center ist es mittels Peilung via der speziellen GPS-Satelliten innerhalb weniger Sekunden möglich, die Fahrzeugposition zu ermitteln, was bei Pannen oder in Notfallsituationen wichtig sein kann.

Ehrgeizige Ziele haben sich die Telekom und Mannesmann gesetzt: Sie wollen möglichst schon über Behinderungen informieren, wenn diese erst im Entstehen sind. Alle Staus auf Autobahnen und Bundesstraßen von mehr als drei Kilometer Länge sollen in weniger als zehn Minuten erfaßt und weitergemeldet werden – der Servicekunde hat die Möglichkeit, die Verkehrssituation in einem von ihm bestimmten Umkreis anzufragen. Bei einer zweiten Einstellung wird der Autofahrer auf einer Bildschirmlandkarte über die Verkehrsverhältnisse im Zielbereich informiert.

Ob sich der neue Service so schnell wie erwartet durchsetzen kann, wird von der Qualität und Zuverlässigkeit der Informationen abhängen. Die Begeisterung der Nutzer wird schnell vergehen, wenn sich der Verkehr auf der empfohlenen Umleitung staut, weil zuviele Autofahrer auf die gleiche Strecke gelotst wurden. RUDOLF CRUSIUS

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