Nadeln helfen nicht immer
Die Einsatzmöglichkeiten der Akupunktur untersucht
Forschungsarbeiten entsprechen nur selten den Anforderungen

VON BARBARA RITZERT

Chronische Beschwerden an Lenden- und Halswirbelsäule, bei Tennisarm und Migräne: Bei vielen chronischen Schmerzleiden wird die Akupunktur im Rahmen von klinischen Studien erprobt. Doch nur in den seltensten Fällen entsprechen diese Untersuchungen tatsächlich wissenschaftlichen und handwerklichen Minimalforderungen.

Um den Wildwuchs im „Nadelwald“ transparenter zu machen, unterzogen Dr. Gabriele Böwing und Dr. Albrecht Molsberger von der Düsseldorfer Forschungsgruppe Akupunktur im Rahmen einer sogenannten Metaanalyse 88 Studien über Akupunktur bei Schmerzerkrankungen des Bewegungsapparats und des Kopfes einer kritischen Prüfung. Bei 75 Studien gaben die Autoren an, daß sie positive Behandlungsergebnisse erzielt hätten.

Mangelhaft

Molsberger fand jedoch heraus, daß etwa 80 Prozent dieser Studien mit positiven Behandlungsergebnissen nicht dem handwerklichen Mindestanspruch genügten. Nur 16 dieser 75 Studien erfüllten die Anforderungen. Diese definiert Molsberger durch drei Kriterien:

Eine Behandlungsphase muß sich mindestens über zehn Sitzungen erstrecken.

Jede Sitzung muß mindestens fünfzehn Minuten dauern.

Die gestochenen Akupunkturpunkte müssen genau beschrieben sein.

Doch auch die positiven Aussagen jener 16 Studien, die handwerklich korrekt durchgeführt worden waren, gelten nur eingeschränkt. Unter ihnen fand Molsberger nur drei, bei denen beispielsweise die Wirkung einer Scheinbehandlung (Placebo) mit derjenigen einer „richtigen“ Akupunktur verglichen wurde.

„Wenn wir sehr restriktiv und wissenschaftlich sein wollen“, folgert Molsberger, „können wir die Akupunktur-Therapie daher bei drei Indikationen empfehlen, bei denen wir kontrollierte Ergebnisse haben.“ Dabei handelt es sich um Verschleißerkrankungen des Kniegelenks (Gonarthrose), Spannungskopfschmerzen und Schmerzen des Gesichtsnervs (Trigeminusneuralgie).

Nimmt man die Ergebnisse nicht kontrollierter Studien mit ausreichender handwerklicher Qualität hinzu, so ist die Akupunktur-Behandlung auch bei folgenden Erkrankungen angezeigt: bei chronischen Schmerzsyndromen der Lenden- und Halswirbelsäule, Ischiassyndrom, Migräne, Verschleißerkrankungen im Bereich des Schultergelenks oder beim sogenannten Tennisellenbogen.

„Wir müssen weitere methodisch einwandfreie Arbeiten fordern, die auch den handwerklichen Ansprüchen genügen“, so Molsberger. Solche Studien würden einen wissenschaftlich fundierten Boden für weitere erfolgreiche Anwendungsbereiche der Akupunktur bereiten. „Gute Erfahrungen“, berichtet Molsberger, „haben wir auch beim Golfer-Arm, bei Bandscheiben- und Sehnenerkrankungen und nach unfallbedingten Schmerzen wie dem Schleudertrauma der Halswirbelsäule.“

Weitere Informationen über Ärzte, die auf die Behandlung der obengenannten Krankheitsbilder mit Akupunktur spezialisiert sind, erteilt:

Informationsstelle Akupunktur, Postfach 13 33, 85563 Grafing, Fax (0 80 92) 3 19 07.

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