Mancher Zusatz ist problematisch
Noch immer kann Kleidung mit allergieauslösenden Substanzen verkauft werden

VON URSULA ESCHBACH

Seit Jahren geraten Textilien immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Unserer zweiten Haut wird angelastet, daß sie nicht nur die Umwelt, sondern auch unsere Gesundheit beeinträchtigt - vor allem durch Allergien und Hautirritationen, ausgelöst durch Chemikalien.

Etwa 8000 dieser Zusatzstoffe machen ein Kleidungsstück knitterfrei, schmutz- und wasserabweisend oder werden zum Bleichen oder Färben in der Textilindustrie eingesetzt. Schadstoffe wie Formaldehyd, Schwermetalle, Azofarbstoffe oder Schädlingsbekämpfungsmittel können unter Umständen in Kleidern nachzuweisen sein.

Textilfarbstoffe

Beispiel Azofarbstoffe: Zwei Drittel aller eingesetzten synthetischen Textilfarbstoffe gehören zur Stoffgruppe der Azofarbstoffe. Als verstärkt Fälle von Hautekzemen und Allergien auftraten, die durch Nylonstrumpffarben und dunkelblaue oder schwarze Leggings verursacht wurden, ließen sich diese auf spezielle Azofarbstoffe zurückführen. "Bei künstlichen Textilfasern werden die Farben weniger gut am Textil gebunden. Früher traten dadurch häufiger Allergien auf. Eine verbesserte Fixierung der Farben führte zu einem Rückgang von Farbstoffallergien", sagt Dr. Klaus-Peter Peters von der dermatologischen Uniklinik Erlangen. Er sieht nur noch ein schwaches Allergierisiko bei Textilien aus deutscher Produktion.

Gleichzeitig räumt er ein, daß unsere Textilien häufig im europäischen Ausland oder beispielsweise in China gefertigt werden. Zahlen oder allgemeine Aussagen über das Allergierisiko lassen sich nur schwerlich angeben. Bekannte Allergiefälle sind selten, aber er vermutet eine hohe Dunkelziffer.

Azofarbstoffen wird jedoch nicht nur ein allergisches Potential angelastet. Einige dieser Farbstoffe spalten Amine ab, die krebserregend sind. Die Einfuhr und Herstellung so belasteter Kleidungsstücke ist zwar mittlerweile verboten, allerdings räumt der Gesetzgeber eine Frist ein, um den Händlern den Verkauf ihrer Lagerbestände zu sichern. Durch eine erneute Verschiebung der Frist dürfen Händler diese Ware noch bis Ende dieses Jahres in den Verkehr bringen. Ursprünglich sah die Verordnung den 1. 10. 96 als Stichtag vor.

Formaldehyd ist ebenfalls auf der Liste der Zusatzstoffe vertreten und macht die Wäsche knitterfrei. Dr. Herbert Wächter vom Landesuntersuchungsamt Erlangen führt staatliche Kontrollen an Textilien durch und sieht mittlerweile die Gefahr durch allergieauslösendes Formaldehyd behoben. Allerdings weist Andrea Stöhr von der Verbraucherzentrale Nürnberg darauf hin, daß selbst geringe Mengen an Formaldehyd bei empfindlichen Personen Allergien auslösen können. Enthält ein Kleidungsstück mehr als 0,15 ~ Formaldehyd, muß es entsprechend gekennzeichnet sein. Nach Meinung vieler Verbraucherverbände ist dieser Wert zu hoch angesetzt. Deshalb rät die Verbraucherberaterin Stöhr, entweder formaldehydfreie Textilien zu erwerben oder zur Sicherheit "neu gekaufte Textilien vor Gebrauch zu waschen".

Ökomode

Inzwischen bieten immer mehr Geschäfte Naturtextilien an. Dr. Peters empfiehlt auch aus grundsätzlichen Überlegungen heraus Ökomode, da diese Hersteller auch umweltorientierte Kriterien wie Transportwege, Abwasser, Energie- und Wasserverbrauch mit einbeziehen.

Die hohe Nachfrage an Ökomode löste eine Inflation an neuen Labels und Kennzeichnungen aus. Die bekanntesten Ökosiegel Öko-Tex Standard 100 und ToxProof garantieren eine Schadstoffprüfung und Einhaltung definierter Grenzwerte. Einige konventionelle Hersteller beziehen bei ihren Öko-Kollektionen auch ökologische Anforderungen mit ein. Neuerdings finden sich auch Labels mit Anspruch auf Sozialverträglichkeit. Am konsequentesten arbeiten sicherlich Hersteller, die sich im Arbeitskreis Naturtextil e. V. zusammengeschlossen haben.

Laut der Verbraucherzentrale Bayern e. V. macht die verwirrende Vielzahl an Ökolabels die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung für Begriffe wie "Natur", "Bio" oder "Öko" wünschenswert.

Doch der beste und auch billigste Beitrag zum Umweltschutz ist immer noch, den Kleiderverbrauch zu senken.

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