Nasa-Chef hofft auf bemannte Station
auf dem Trabanten in den nächsten 15 Jahren Sonde sucht nach Wasser auf dem Mond Daraus ließe sich Wasser und Sauerstoff gewinnen Die Versorgung von der Erde aus ist zu teuer VON RAINER KAYSER Der Mann hat Visionen: Innerhalb von 15 Jahren werden wir eine bemannte Mondstation haben, proklamierte Nasa-Chef Daniel Goldin jüngst gegenüber der Presse. Den ersten Schritt auf dem Weg zurück zum Mond unternehmen die Amerikaner am 24. September: Dann soll, an der Spitze einer neuentwickelten dreistufigen Feststoffrakete, der Lunar Prospector ins All starten. Ganze 99 Stunden braucht das Vehikel zum Erdtrabanten, den es ein Jahr lang auf einem polaren Orbit in 100 Kilometern Höhe umrunden soll alle zwei Stunden einmal. Lange Masten Mit Hilfe ihrer empfindlichen Meßgeräte, befestigt an drei jeweils zweieinhalb Meter langen Masten, wird die Sonde erstmalig eine komplette Kartierung der chemischen Zusammensetzung der Mondoberfläche vornehmen. Mehrere Spektrometer analysieren dazu die energetische Verteilung der vom Mond ausgehenden Teilchen- und Gammastrahlung. Schlagen die hochenergetischen Partikel der allgegenwärtigen kosmischen Strahlung in den Mondboden ein, so werden ganze Schauer von Elementarteilchen ausgelöst, aus deren Verteilung und Energie sich dann Rückschlüsse über das Material am Mondboden ziehen lassen. Ähnliche Untersuchungen waren schon in den siebziger Jahren von den Apollo-Astronauten durchgeführt worden, aber die äquatornahen Umlaufbahnen erlaubten damals nur die Erfassung von rund einem Fünftel der Oberfläche des Erdtrabanten. Ganz im Sinne Goldins richten die Mondforscher ihr Augenmerk speziell auf Stoffe, die beim Bau einer Mond basis von Nutzen sein könnten, denn der Transport von Baumaterialien und Versorgungsgütern aus dem Schwerkrafttrichter der Erde zum Mond wäre auf die Dauer zu teuer. Andere Instrumente des Lunar Prospector vermessen das lunare Magnet- und Schwerefeld. Aus diesen Daten erhoffen sich die Wissenschaftler nicht nur Aufschluß über den inneren Aufbau des Mondes, sondern auch über seine Entstehung. Nach der gängigen Vorstellung der Planetenforscher ist die junge Erde in der Frühzeit des Sonnensystem mit einem anderen Protoplaneten kollidiert und aus den dabei ins All geschleuderten Trümmern hat sich der Mond geformt. Doch dieses Szenario ist nicht ohne Probleme, wie jüngst publizierte Rechnungen von Robin Canup von der Universität in Boulder, Colorado, zeigen: Je nach Größe des mit der Erde zusammenprallenden Protoplaneten würde entweder zu wenig Material hinausgeschleudert, oder aber die Erde müßte in Folge des Zusammenpralls heute erheblich schneller rotieren. Heftige Kontroverse Eine weitere, den Experten geradezu unter den Nägeln brennende Frage wird Lunar Prospector mit Sicherheit beantworten: Gibt es auf dem Mond Wasser-Eis? Messungen der Sonde Clementine, die 1994 den Mond zwei Monate umrundet hatte, lösten bei ihrer Veröffentlichung im November letzten Jahres eine heftige Kontroverse aus. Die Daten wiesen im Bereich des lunaren Südpols auf das Vorhandensein von Wasser-Eis hin, konnten jedoch durch ähnliche Messungen mit dem großen Radioteleskop in Arecibo (Puerto Rico) nicht bestätigt werden. Bereits seit Anfang der sechziger Jahre wird unter Experten die Möglichkeit solcher Eisansammlungen diskutiert. Im Bereich der Pole des Mondes gibt es Regionen, die durch Kraterwände permanent vor der Einstrahlung der Sonne geschützt werden und so im ewigen Dunkel liegen. In diesen Bereichen könnten sich, so die These, Wasserdampf und andere Gase niederschlagen, die ihren Ursprung entweder im Inneren des Mondes haben oder durch den Einschlag von Kometen auf den Mond gebracht worden sind. Am lunaren Südpol ist das Gebiet
ständiger Finsternis besonders groß, denn hier gibt es,
im Gegensatz zum Nordpol, einen 2500 Kilometer großen,
zwölf Kilometer tiefen Riesenkrater. Auf 6000 bis 15 Nun soll also Luna Prospector Licht in dieses Dunkel bringen. Das Neutronenspektrometer der Sonde ist in der Lage, selbst winzigste Spuren von im Felsgestein eingeschlossenem Wasser aufzuspüren. Wenn der Prospector im Mondorbit ist, so Bill Feldman, Leiter des Teams, welches an der Forschungsstätte Los Alamos die Instrumente der Sonde entwickelt hat, werden wir innerhalb eines Monats wissen, ob es dort Wasser gibt. Für eine zukünftigte bemannte Mondstation wäre das Vorhandensein von Wasser auf dem Erdtrabanten ein Glücksfall. Aus dem schmutzigen Eis könnten Trinkwasser und Sauerstoff für die Atmosphäre der Station ebenso gewonnen werden, wie Raketentreibstoff für den Rückflug oder gar für einen Weiterflug zum Mars. |
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