Feuerberg ließ wieder
einmal die Erde zittern

Der im Januar auf der indonesischen Insel Java ausgebrochene Merapi gehört zu den wenigen Hochrisiko-Vulkanen der Erde

VON ROLF H. SIMEN

Wieder einmal ließ ein wahrhaft unheimlicher Vulkan die Erde erzittern: Im Januar brach der Merapi auf Zentraljava mit einer ganzen Kaskade von Eruptionen aus, die offenbar keine Menschenleben gefordert haben. Er zählt zu den wenigen "HochrisikoVulkanen" dieser Erde, und die ganz speziellen Katastrophen, die er und einige wenige andere Vulkane in der Vergangenheit immer wieder ausgelöst haben, werden von den Vulkanologen weltweit "vom Merapi-Typ" genannt. Auch deutsche Forscher widmen diesem Feuerberg schon seit Jahren gespannte Aufmerksamkeit; darunter an erster Stelle Wissenschaftler des GeosForschungsZentrums (GFZ) in Potsdam.

Bedrohung

"Unter einem Hochrisiko-Vulkan", so schrieb bereits 1995 GFZ-Experte Martin Beisser im Jahresheft der heutigen Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungseinrichtungen die trocken klingende Definition nieder, "wird ein Vulkan verstanden, der durch eine hohe Ausbruchswahrscheinlichkeit ein von Menschen intensiv genutztes Gebiet bedroht." Tatsächlich liegt der Berg nur etwa 25 Kilometer von der javanischen Provinzhauptstadt Yogyakarta entfernt, die rund 500 000 Einwohner hat.

Schichtvulkan

Dem Typ nach ein Schichtvulkan, zählt der 2961 Meter hohe Feuerberg zu den aktivsten der Erde und überrascht geologische Laien durch die ungewöhnliche Art der Katastrophen, die er auslöst. Denn an seiner Spitze wölbt dieser Vulkan in aller Regel 600 bis 800 Grad Celsius heiße Dome aus sehr zähflüssiger Lava auf, die dann alle zwei bis acht Jahre in sich zusammenbrechen und als Lahar lawinenartig zu Tal gehen.

So wälzten sich beim letzten Ereignis dieser Art Ende November 1994 in nur zwei Stunden rund zwei Millionen Kubikmeter heißer Gesteinsmassen in mehreren Strömen seine Flanken hinab. Insgesamt forderte dieses fatale Ereignis 66 Menschenleben.

Seit 1994 befassen sich Wissenschaftler des GFZ im Rahmen der von der Vollversammlung der Vereinten Nationen für die neunziger Jahre ausgerufenen "Internationalen Dekade der Vorbeugung gegen Naturkatastrophen" mit diesem Killervulkan. In Zusammenarbeit mit der Universität Yogyakarta und dem Indonesischen Vulkan-Überwachungsdienst wollen sie ihm mit geologischer Sorgfalt auf die Schliche kommen und haben dafür um ihn herum ein regelrechtes Feldlabor aufgebaut.

Mit dem Auto erreichbar

Darüber hinaus forschen im Rahmen eines Gemeinschaftsvorhabens der Deutschen Forschungsgemeinschaft auch Geowissenschaftler der Universitäten oder Technischen Hochschulen in Bayreuth, Clausthal-Zellerfeld, Freiburg, Kiel, Leipzig und München an den Besonderheiten dieses unheimlichen Feuerbergs. Ihnen allen kommt vor Ort zugute, daß fast jeder Punkt des Merapi bis zu einer Höhe von 1300 Meter innerhalb von drei bis vier Stunden von Yogyakarta aus mit dem Auto erreichbar ist.

Gemessen wird dort also schon lange vor allem das, was den Berg zum Erzittern bringt und Gefahren signalisieren könnte. Dazu gehören auch die satellitengestützte Ermittlung von Veränderungen seiner Gestalt und seiner Hangneigungen, wenn er sich mit Magma aufbläht, und der Versuch, sich über durch "Luftpulser" ausgelöste Schallwellen über eine Art Echolot-Analyse mehr Durchblick zu verschaffen.

Dies würde dann auch genügen, den Vulkan auf einer Höhe von etwa 1000 Metern horizontal zu durchleuchten und so seine innere Struktur aufzudecken - nach Maßgabe der GFZ-Wissenschaftler ein Experiment, das bisher an keinem Vulkan der Welt durchgeführt worden ist. "Wenn es gelingt, Magmabewegungen zu erkennen, zu orten oder sogar vorherzusagen", hoffte Beisser schon 1995, "wäre das ein großes Stück weiter auf dem Weg zum Verständnis der Funktionsweise eines Vulkans." 1997 hat dieser Aufwand aber wenigstens dazu beitragen können, rechtzeitig warnend Schlimmeres zu verhindern.

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