Dicke Luft vor dem Kadi
Gerichtsurteile im Streit zwischen Rauchern und Nichtrauchern

Ob in der Kantine, im Lehrerzimmer oder am Arbeitsplatz - das Rauchen sorgt immer wieder für Ärger. Wie ist eigentlich die rechtliche Lage? Wir haben einige Urteile gesammelt.

Weder in unserem bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) noch in sonstigen arbeitsrechtlichen Vorschriften wird ein gesetzliches Rauchverbot ausgesprochen. Nur in Ausnahmefällen, z. B. bei der Arbeit mit feuergefährlichen Stoffen, ergibt sich ein solches Verbot von selbst. Durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder auch durch den Arbeitsvertrag kann aber ein Rauchverbot während der Arbeitszeit eingeführt werden.

Einseitig kann der Arbeitgeber, vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrates, ein Rauchverbot nur zur Verhütung von Brandgefahren, zur Intensivierung der Arbeitsleistung, zur Vermeidung der Verunreinigung von Arbeitserzeugnissen oder zum Schutz der Mitarbeiter einführen. Dies ergibt sich aus seinem Eigentums- und Hausrecht.

Ein Rechtsanwalt muß es hinnehmen, wenn auf der Geschäftsstelle des Gerichts in seiner Anwesenheit möglicherweise geraucht wird (OLG Hamm, Az.: 3 Ws 123/93).

Soldat ist machtlos

Ein Soldat hat gegen den Dienstherrn der Bundeswehr keinen Anspruch auf Erlaß eines allgemeinen Rauchverbots (BVG, Az.: 2 C 14/91).

Ein Beamter kann den Dienstherrn nicht dazu zwingen, für ein klimatisiertes Großraumbüro ein Rauchverbot zu erlassen, wenn ihm ein anderer Dienstposten zugewiesen wird, er diesen aber nicht annimmt (OVG Münster, Az.: 12 A 1469/81).

Aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht kann ein Beamter, der an seinem Arbeitsplatz Belästigungen durch Tabakrauch verbunden mit Folgeerscheinungen wie Husten, Heiserkeit, Kopfschmerzen oder Übelkeit ausgesetzt ist, einen Anspruch auf Erlaß eines Rauchverbots herleiten. Das Recht der Raucher auf freie Entfaltung der Persönlichkeit muß dann zurückstehen (VG Köln, Az,.: 3 L 302/78).

Der Teilnehmer an einer gesetzlich vorgeschriebenen ärztlichen Fortbildungsveranstaltung hat einen Anspruch darauf, daß der Veranstalter ein allgemeines Rauchverbot ausspricht, da nicht auszuschließen ist, daß durch das Passivrauchen Gesundheitsschäden entstehen können (VG Schleswig, Az.: 10 A 111/74).

Brandschutz geht vor

Das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Menschen haben Grundrechtsschutz. Verfassungsrechtlich ist es daher nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber in bestimmten Bereichen das Rauchen untersagt. Ein allgemeines Rauchverbot zum Schutz der Nichtraucher läßt sich aber aus der Verfassung nicht ableiten. Aus Brandschutzgründen darf allerdings in Warenhäusern ein Rauchverbot angeordnet werden (BVGH, Az.: Vf. 21-VII/85).

Der Schulleiter ist auf Antrag eines Lehrers verpflichtet, ein Rauchverbot für das Lehrerzimmer auszusprechen. Dies gilt jedenfalls für die Tage, an denen dieser nichtrauchende Lehrer seinen Dienst in der Schule versieht (OVG Münster, Az.: 6 A 2578/84).

Weigert sich ein Berufskraftfahrer, mit einem stark rauchenden Kollegen zu arbeiten, weil er gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchtet, so darf ihn der Arbeitgeber deswegen nicht entlassen (LAG Frankfurt, Az.: 11 Sa 1655/94).

Nichtraucher haben einen Rechtsanspruch auf einen nikotinfreien Arbeitsplatz. Mit diesem Argument wurde ein Versicherungsunternehmen verpflichtet, einem Mitarbeiter einen rauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Bei der Entscheidungsabwägung wurde die Gesundheit höher bewertet als eine mögliche geringfügige Rauchbeeinträchtigung (LAG Hessen, Az.: 5 Sa 732/94).

Auch das Bundesarbeitsgericht (Az.: 5 AZR 971/94) hat sich mit der "Raucherfrage" befaßt und entschieden, daß Arbeitnehmer in der Regel keinen rauchfreien Arbeitsplatz beanspruchen können. Dies jedenfalls dann nicht, wenn die Forderung nach einem rauchfreien Arbeitsplatz zu einer Einschränkung der unternehmerischen Betätigung führen würde.

Damit wurde die Klage einer Stewardeß abgewiesen, die unter Hinweis auf ihre Gesundheitsgefährdung die Ansicht vertreten hatte, daß die Fluggesellschaft zumindest auf Langstreckenflügen "Nichtrauchermaschinen" einsetzen müsse. Das Bundesarbeitsgericht erklärte, daß der Arbeitgeber zwar verpflichtet sei, seine Beschäftigten durch geeignete Maßnahmen gegen "Gefahren für Gesundheit und Leben" zu schützen, doch könne dies nur soweit gehen, wie die unternehmerische Betätigung dies gestatte. jlp

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© Nürnberger Nachrichten 1997