Baggerlärm
am Bungalow
Bei Reisemängeln gibt es
Preisnachlaß
Von Wolfgang Janisch,
dpa
Die Deutschen reisen gern, und die
Deutschen prozessieren gern. Kaum verwunderlich also,
daß im gerade neu aufgelegten ADAC-Fachbuch
Reiserecht-Entscheidungen unter nahezu jedem
nur denkbaren Stichwort etwas zu finden ist - von
Algenpest bis Zigarettenkippen.
Weil nämlich die Urlaubswirklichkeit
oft sehr viel rauher ist als der Hochglanzprospekt hoffen
läßt - Steine statt Sandstrand, Baggerlärm statt
Meeresrauschen -, streitet mancher Erholungssuchende vor
Gericht um Genugtuung und Preisnachlaß.
Der rechtliche Grundsatz lautet: Wenn
die Reise mangelhaft war, darf der Reisende
den Preis mindern. Was ein Mangel ist, hängt in erster
Linie von den Versprechungen im Prospekt ab, aber auch
davon, was ortsüblich ist.
Beispiel Lärm: Während eine Baustelle
vor dem Ferien-Bungalow, die Tag für Tag morgens um
07.00 Uhr die Nachtruhe jäh beendete, dem Geplagten vor
dem Amtsgericht Warstein in Westfalen einen 30prozentigen
Preisnachlaß einbrachte, hielt das Landgericht
Frankfurt/Main den nächtlichen Diskothekenlärm auf
Mallorca für ortsüblich, zumal im Reiseprospekt
ausdrücklich von Tanzunterhaltung die Rede war. Und daß
in einem spanischen Fischerdorf regelmäßig die Glocken
läuten, damit müsse man eben rechnen, entschied das
Amtsgericht Frankfurt.
Für Ameisenstraße 25 Prozent
Rabatt
Auch allerlei Getier gibt häufig
Anlaß zum Streit. Für eine Ameisenstraße an der
Bettkante gewährte ein Gericht 25 Prozent Nachlaß. Und
ein von Kakerlaken übersätes Hotelzimmer brachte einem
Urlauber gar eine vollständige Rückerstattung ein -
weil, so argumentierte das Landgericht Frankfurt, dadurch
der ganze Urlaub verdorben gewesen sei.
Auch Katzen im Hotelzimmer oder Mäuse
im Strandbungalow muß man nicht ohne weiteres hinnehmen.
Doch auch hier gilt: Gerade wer in südliche Länder
fährt, muß auf die eine oder andere Kakerlake gefaßt
sein.
Überhaupt gehen die Gerichte davon
aus, daß der Reisende sich vorher überlegt, worauf er
sich einläßt. Wer bei einer sogenannten Jokerreise ein
Hotel der einfachsten Touristenklasse ohne konkrete
Lageangabe bucht, darf sich hinterher nicht beschweren,
wenn es in einer Flugschneise liegt, urteilte das
Frankfurter Amtsgericht.
Und wer, so entschied das Amtsgericht
Bad Homburg, für seine Costa-Rica- Reise die
schlichteste Art der Unterbringung wählt, sollte danach
nicht meckern, wenn zwischen 11.00 und 17.00 Uhr das
Wasser abgestellt ist.
Wichtig ist in jedem Fall, dem
Reiseleiter am Urlaubsort die Mängel umgehend
mitzuteilen, damit dieser den Mißstand beseitigen kann.
Versäumt der Urlauber dies, kann er seinen Anspruch
verlieren. Ratsam ist es, die Rüge schriftlich
festzuhalten.
Rüge am Urlaubsort genügt
nicht
Nach dem vertraglich vorgesehenen
(nicht dem tatsächlichen) Reiseende bleibt ein Monat
Zeit, um Ansprüche gegen den Veranstalter geltend zu
machen. Dabei sind zwei Dinge zu beachten: Erstens muß
man ausdrücklich Rückzahlung fordern - ein bloßer
Hinweis auf die Mängel ist zu wenig. Und zweitens muß
die Reise zu Ende sein; die Rüge am Urlaubsort genügt
nicht.
Vor allem aber sollte man sich vor
unsinnigen Forderungen hüten. Denn die Gerichte sind
nicht bereit, phantasievoll formulierte Klagen mit einem
nachträglichen Rabatt zu belohnen, wie ein Urteil des
Landgerichts Frankfurt zeigt. Daß eine Schiffsreise auf
dem Nil in umgekehrter Richtung als vorgesehen
stattgefunden habe, sei noch kein Reisemangel,
entschieden die Richter.
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