Mallorca ist Favorit
Reiselust der Ostdeutschen ungebrochen

Berlin (dpa) - Trotz Konjunkturflaute und hoher Arbeitslosigkeit ist die Reiselust der Ostdeutschen auch 1997 ungebrochen. Jeder zweite will wenigstens einmal in diesem Jahr verreisen.

Dabei zieht es laut einer Studie mehr als die Hälfte der Bundesbürger aus den neuen Ländern in die Ferne, mit Vorliebe ins europäische Ausland - wohl auch Ausdruck eines Nachholbedarfs nach 40 Jahren erzwungener Reiseabstinenz in der DDR.

Die Vorlieben unterscheiden sich wenig. Nach den Deutschen West haben auch die Deutschen Ost die spanischen Inseln entdeckt und Mallorca zum liebsten Urlaubsziel erkoren, wie eine dpa-Umfrage ergab. Auch die Türkei und Griechenland sind gefragte Ferienziele.

Außerhalb Europas stiegen die Dominikanische Republik und Südafrika in der Gunst. Und die Berliner reisten am liebsten in die USA, wie Reisebüros in Dresden, Magdeburg, Suhl, Rostock und Berlin berichteten.

Doch auch die eigene Heimat zu erkunden, liegt im Trend. 23 Prozent der Ostdeutschen entschieden sich 1997 für ein Urlaubsziel in den alten Ländern, 21 Prozent für eines in den neuen Ländern, wie das Leipziger Institut für Marktforschung herausfand.

"Häufiger in den Thüringer Wald oder an die Ostsee"

Dabei machen die klassischen ostdeutschen Urlaubszentren im Vergleich zu ihren westlichen Konkurrenten immer mehr Boden gut. „Kunden, die früher für einige Tage nach London gefahren sind, wollen jetzt häufiger in den Thüringer Wald oder an die Ostsee fahren, wo es inzwischen auch genügend komfortable Hotels gibt“, berichtet der Berliner Flugreiseanbieter Egon Dobat. Denn Komfort sei für die Auswahl des Urlaubszieles immer wichtiger. So lebt denn auch der Tourismus im Osten vor allem von den deutschen Feriengästen.

Die Erwartungen für die bevorstehende Urlaubssaison sind unterschiedlich. Nach Einschätzung des Thüringer Landes- Fremdenverkehrsbandes muß sich das einheimische Tourismusgewerbe auf einen Rückgang einstellen.

„Langsam wird in Deutschland sogar schon begonnen, am Reisen zu sparen“, sagt Kerstin Dietrich vom Erfurter Landesverband. Die über 2,5 Millionen Übernachtungen aus dem vergangenen Jahr würden wohl nicht erreicht.

"Reale Basis"

In Mecklenburg-Vorpommern rechnet man dagegen mit einer Erhöhung der Gästezahlen. „Die Hoffnung, daß sich die gute Bilanz des Vorjahres mit rund 2,8 Millionen Gästen erneut um weitere fünf bis acht Prozent zu verbessern, haben nach dem guten Pfingstgeschäft eine reale Basis“, sagt der Sprecher des Tourismusverbandes.

Dabei werden die Ferienregionen im Nordosten wieder fest in der Hand ostdeutscher Touristen sein. „Vor allem Urlauber aus Sachsen, Berlin, aber auch Thüringen entdecken die alten Ferienziele an Küste und Seenlandschaft wieder“, hieß es. 1995 habe ihr Anteil schon bei 56 Prozent gelegen und die Tendenz sei steigend.

Das wasserreichste Bundesland Brandenburg mit 750 Quadratkilometern Wasserfläche und immerhin 3 087 Seen erfreut sich dagegen vor allem bei Westdeutschen großer Beliebtheit. In der Uckermark, der Prignitz oder der Märkischen Schweiz verbringen nach Auskunft des Tourismusverbandes vor allem Hamburger und Rheinländer ihren Urlaub.

21 Prozent mehr Gäste in Sachsen

Hunderttausende Tagesgäste im Jahr kommen aus Berlin, doch auch immer mehr Sachsen-Anhaltiner ziehe es ins Nachbarland. Auch die deutsch-polnische Grenzstadt Frankfurt/Oder entdecken immer mehr Kultur- und Bildungstouristen aus dem Westen, berichtet der Fremdenverkehrsverband. Auch Sachsen verbucht von Jahr zu Jahr steigende Übernachtungszahlen. Rund 12,3 Millionen Übernachtungen wurden 1996 gezählt - immerhin 21 Prozent mehr als im Vorjahr.

Probleme bereitet jedoch vielen ostdeutschen Hoteliers die sinkende Auslastung der Betten. Der Grund ist einfach: Immer mehr Hotels auch der gehobenen Klasse sprossen seit der Wende aus dem Boden und verdoppelten vielerorts die Übernachtungskapazität. Da kann sich auf Dauer nur über Wasser halten, wer auf treue Stammgäste zählen kann.

„Ich fahre seit nunmehr fünf Jahren zum Nacktbaden nach Ahrenshoop an die Ostseeküste“, verrät der sächsische Ex- Innenminister Heinz Eggert. Früher habe er die Ecke gemieden, weil sie eine DDR-Promi- und Kaderhochburg gewesen sei.

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