Immer mehr Engländer in Paris

Eiffelturm und Baguette, Cote d'Azur und Seine- Romantik haben bei vielen Frankreichurlaubern in diesem Sommer offenbar an Glanz verloren. Die Tourismusbranche klagt über fallende Umsatzzahlen - und das nach der schon schwierigen Situation des Vorjahres. Denn 1995 hatten Attentate, Streiks und Atomtest- Boykotte für eine magere Saison gesorgt.

In diesem Jahr waren es offenbar die Währungsschwankungen und die flaue Konjunktur, die bei Hoteliers und Gastronomen für Stirnrunzeln sorgten. Vor allem die Deutschen bleiben weg: Sie bevorzugen nun eher die früheren Staaten Jugoslawiens sowie osteuropäische Länder, fanden Tourismusexperten heraus.

Nach einer Statistik des nationalen Tourismusbüros vom August sank die Nachfrage nach Hotelübernachtungen im Sommer um zehn, nach Campingplätzen um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Erstmals gab es auch beim sogenannten grünen Tourismus Einbrüche. Die normalerweise schon lange im voraus ausgebuchten Unterkünfte auf dem Lande wurden nur zögernd nachgefragt.

Neben schlechtem Wetter und gewandelten Gewohnheiten machen die Manager auch die sinkende Kaufkraft dafür verantwortlich. Kürzer, preiswerter und öfter, lautet im Frankreich-Tourismus die neue Devise. Souvenirhändler beklagen eine neue "Knausrigkeit" der Urlauber, Billighotels dagegen verzeichnen lebhaftere Nachfrage.

Auch die bei Städtetouren nach wie vor als Renner geltende französische Hauptstadt macht da keine Ausnahme. Vor Louvre und Eiffelturm sind die Warteschlangen zwar nach wie vor lang, doch die Branche merkt einen spürbaren Rückschlag bei den Übernachtungszahlen.

Die Lage in Paris ist symptomatisch: Die Zahl der Übernachtungen stieg um 5,2 Prozent gegenüber 1995, doch verringert sich die seit vier Jahren beobachtete Aufenthaltsdauer immer mehr: Statt der durchschnittlich 2,34 Übernachtungen kommt der ausländische Paris- Urlauber heute nur noch auf einen Schnitt von 2,2 Tagen.

Größtes Sorgenkind sind hier die Japaner, deren Übernachtungszahlen nicht zuletzt wegen der Yen-Schwäche um fast 20 Prozent sanken. Sie weichen zunehmend nach Italien oder Großbritannien aus, von wo wiederum das größte Kontingent der Parisurlauber kommt. Denn der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal sowie der Preiskrieg im Fährverkehr belebte die Pariser Tourismusbilanz: Die Briten legten bei den Übernachtungszahlen in diesem Sommer um 24 Prozent gegenüber 1995 zu, gab das Pariser Tourismusbüro bekannt. Auch Amerikaner (plus 4,6) und Deutsche (plus drei) kamen wieder häufiger in die Seine-Metropole.

Zwei Sonderfälle prägten die Bilanz: Das wegen der Unruhen von Urlaubern zunehmend gemiedene Urlauberparadies Korsika sowie Disneyland Paris, Mickeys Traumreich im Osten der Haupstadt, das sich immer mehr als Touristen-Magnet behauptet. 11,7 Millionen Menschen sind es im Geschäftsjahr 1995/96 (30. September) gewesen, eine Million mehr als im Vorjahr

zurück zur NN-Titelseite

© Nürnberger Nachrichten 1996