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Der beschauliche Süden der Insel Ischia Von Evelyn Scherfenberg Nun, da wir viele Außentreppen am Haus raufgeklettert sind, stehen wir auf seinem Dach. Aber nein - da ist ja überhaupt kein Dach, sondern eine blendend weiße Veranda, ein wunderbar wilder Hanggarten und wütendes Zikadengezänk. Eben war das Gebäude noch unter uns, jetzt ist's plötzlich weg. Das gibt's doch nicht! Rosario, sag, wo ist dein Haus? "Fortgezaubert", meint Rosario Schiano (42) fröhlich. Und dann: "Dies ist ein Felsenhaus, wie es noch einige auf Ischia gibt, besonders hier im Süden, in Ciglio."
Legendärer Blick Jetzt fahren wir vom winzigen Ciglio aus nach Fontana, dem höchstgelegenen Ort der grünen, bergigen Insel. In kühnen Kehren strebt die schmale Straße bergauf. Weit unten döst reglos das Meer, an der Nachbarinsel Capri im Dunst endend. Wanderer säumen den Weg; gleich wird die Gruppe abbiegen, um auf den Epomeo, den alles überragenden, knapp 800 Meter hohen erloschenen Vulkan zu steigen und sich nach strapaziöser Tour am legendären Rundblick über Meer und einige Inselchen zu berauschen. Aber sind nicht ohnehin die meisten Urlauber dank hohen Alters und morschen Gelenken taub gegen die Lockrufe des Berges? Schwerer als der Epomeo lastet ein Haufen germanischer Vorurteile auf dem darüber sehr unglücklichen italienischen Eiland. Ischitaner glauben ja, daß vor allem diese verflixte Namensähnlichkeit mit der Krankheit Ischias, die weiß Gott mit dem Namen Ischia (gesprochen: Iskia) rein gar nichts zu tun hat, ihr Image versaut hat, das da in etwa lautet: "Touristenghetto am Golf von Neapel für alte und kranke Deutsche." Besser kann man den jungen Aktivurlauber nun wirklich nicht abschrecken.
Diese landschaftlich schönste Region Ischias mit etwa einem halben Dutzend kleiner Dörfer, die nur einige Kilometer fern der Strände am Fuß des großen Berges dem sauberen Meer zugewandt liegen, ist fast eine verkannte Idylle - dörflich, romantisch, liebenswert. Den vielen Bauern, die Wein anbauen, Orangen und Zitronen, dankt die Gegend ihre vielgestaltige, mediterrane Kulturlandschaft. Ein warmer Südwind streift über Weinreben, Macchia, Tomaten, Oliven und blühenden Ginster. Hier ist der Inselmensch noch, wie er sich selbst gern im Reiseführer beschreibt: heiter, eigenbrötlerisch, tief religiös, mißtrauisch, wenn Neuerungen drohen, und seiner geliebten Heimat treu verbunden. Natürlich sind die Leute auch geschäftstüchtig, aber auf eine milde und herzliche Art. Überall fließen die wohltätigen Wasser, in denen man sich je nach Bedarf schöner, junger oder gesünder badet. Fast jede der familiären Pensionen oder gemütlichen Hotels - störende Hochhausbauten gibt es auf der ganzen Insel nicht - hat seinen eigenen Thermalpool, manchmal tut's auch eine Badewanne oder, wie im Fall der berühmten Nitrodi-Quelle bei Barano, ein gußeisernes Rohr, aus dem das Wunderwasser sprudelt. Nomen est Omen: Der Bäcker im Dörfchen Buonopane (gutes Brot) backt ein besonders leckeres Brot. Im Ristorante Taverna verde in Ciglio bereitet man dir köstliche Hausmannskost. Über die kleine, meist quirlig belebte Piazza im Örtchen Panza läufst du in zehn Schritten. Michele, der Wirt der Casa Giuseppina in Succhivo begrüßt dich beim zweiten Besuch wie einen lieben alten Bekannten. Überhaupt Succhivo: Vor dem kleinen Ort fällt die Küste dramatisch wohl 150 Meter zum Meer ab. In der winzigen Badebucht namens Sorgeto treffen sich vor allem junge Leute. Viele Treppen führen dort zu einem von Thermalquellen auf Badewannentemperatur erhitzten Meer. Und auf den von Dante Iacono wohlgepflegten Tennisplätzen an den Eukalyptusbäumen der Costa del Capitano sieht man gelegentlich Sportgrößen inkognito den Aufschlag trainieren. Vor allem seinetwegen kommen sie - wegen des schon erwähnten Rosario Schiano, den jeder nur Rosario nennt. Er ist ein berühmter Physiotherapeut. Zu seiner Praxis in Succhivo pilgert die internationale Sportprominenz. Alle, wirklich alle hatte er schon in den geschickten Händen - Steffi Graf, Boris Becker, den Stich, den Sampras. Etliche Succhivo-Stammgäste schwören alle Eide, ihm Wohlbefinden und Kondition zu verdanken. Rosario walkt einem die Muskeln, dehnt die Sehnen, läßt die Knochen knacken und schwärmt dabei herzerwärmend von Mammas Kaninchenbraten. Schwimmen, Tennis, Fitneß, Wandern, gut Essen - das sind die Urlauberthemen in Succhivo, Panza, Ciglio, Serrara und Fontana. Luxusshopping? Eleganz? Bitte sehr: Ein paar Kilometer weiter unten am Strand liegt Sant Angelo. Allen touristischen Gesetzen zum Trotz ist dieses zauberhafte Fischernest kein bißchen verunstaltet. Pastellfarbene kubische Häuschen schmiegen sich an einen Fels. Vor der malerischen Piazza öffnet sich ein kleiner Hafen, in dem bunte Holzboote schaukeln. Viele hübsche Geschäfte gibt es hier - von der Kleiderboutique bis zum Juwelier. Einst fühlte sich Bayernkönig Ludwig auf der Insel zu folgenden Versen inspiriert: "Hin nach Ischia flüchte Du/aus dem Gewirre des Lebens! Ruhe findest Du dort, welche Dir längst schon entfloh." Auch er wird in der Nebensaison im Süden gewesen sein. Information Einer der größten Ischia-Veranstalter ist Ischia Tourist, Tel. 040/68 62 52. Informationen über die Insel gratis Mo.-Fr. 18 - 20 Uhr über Tel. 01 30/86 07 37. Preisbeispiel: 1 Wo. HP in 2-Sterne-Hotel, Flug ab Nbg. 956 DM. Pensionstip für Ciglio: Villa Favorita, Via Ciglio, 52, I-80070 Serrara Fontana, Tel., 0039/81/99 90 01. Familiäres Hotel in Succhivo: Casa Giuseppina, Michele Mattera, I-80070 Succhivo-St. Angelo/Ischia, Tel.0039/81/90 77 71. Physiotherapie, Fitneß, Präventionsseminare: Rosario Schiano, Via Gaetano di Iorio 4, I-80070 Succhivo-St. Angelo/Ischia. Appartment-Tip in St. Angelo: App. Amerika, Via Chiaia
delle Rose 16, 80070 Sant Angelo/Ischia, Tel. 00 39/81/99
91 98. |
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