Last-Minute
ist salonfähig
Wer spät bucht, den belohnt
der MarktVon Alexandra
Borchardt, dpa
Wer zu früh kommt, den bestraft der
Markt. In Zeiten des Booms von Last-Minute-Reisen zahlt
es sich aus, das Fernweh mit etwas Geduld zu zähmen.
Muß das Ferienglück nicht gerade in
den Hauptreisemonaten in einem ganz bestimmten Hotel an
einem besonderen Ort zelebriert werden, winken
Kurzentschlossenen erhebliche Preisnachlässe - auch für
das Qualitätsprodukt.
Daran ändert auch der Ärger vieler
Reiseveranstalter nichts, die ihre Kunden in dieser
Saison verstärkt mit Frühbucherrabatten zur
langfristigen Planung der Ferien bewegen wollten.
Zwölf Prozent "last
Minute"
Zwischen 1993 und 1996 hat sich das
Volumen an Last-Minute-Reisen nach Angaben von DER-Chef
Peter Landsberger vervierfacht. Im vergangenen Jahr seien
zwölf Prozent aller Reisen in letzter Minute
gebucht worden.
Auch für den Sommer 1997
prognostiziert LTU- Sprecher Wolfgang Osinski: Es
wird in diesem Jahr einen besonders großen
Last-Minute-Markt geben. Einer Umfrage zufolge
werden viele Veranstalter zwischen fünf und 15 Prozent
ihrer Plätze im Last- Minute- oder Kurzfrist-Geschäft
an die Urlauber bringen.
Dabei sind es nicht unbedingt die
Turnschuhtouristen mit knapper Kasse, die
sich per Fax, Videotext, im Reisebüro oder direkt am
Flughafen die Abreise in - laut gerichtlich festgelegter
Definition - weniger als 14 Tagen sichern. Es gibt
ein großes Potential von Leuten, die sich erst spät
entscheiden können, weiß DER-Sprecher Marco
Dadomo.
Markus Faller vom
Last-Minute-Marktführer L'Tour sagt: Last-Minute
ist salonfähig geworden. Die Kunden des
ausschließlich auf das Last-Minute-Geschäft
konzentrierten Anbieters seien im Schnitt zwischen 20 und
40 Jahren alt, berufstätig, verdienten gut und hätten
eine höhere Schulbildung.
"Last Minute ist nicht
schäbig"
Last-Minute hat auch nichts mit
billig zu tun im Sinne von schäbig, räumt Faller
mit einem weiteren Vorurteil auf. Neben den zwei Wochen
Mallorca für wenige hundert Mark sei auch der Mauritius-
Urlaub für einige Tausend dabei, bei dem sich im
Last-Minute-Erwerb aber ein bis zwei Tausender sparen
ließen.
Mit Straßenlärm vor dem Hotel, einem
schmierigen Speisesaal, dem Pool in Planschbeckengröße
und der Kläranlage neben dem Strand finden sich auch
kurzfristig buchende Gäste immer seltener ab. Dadomo
sagt: Man muß sich als Last-Minute-Veranstalter
Qualitätsmerkmale anheften. Billig-Urlaub um jeden
Preis sei nicht mehr gefragt. Die Leute wollen
schon wissen, mit wem sie fliegen und in welchem Hotel
sie landen.
L'Tour macht seit zehn Jahren mit dem
Wunsch nach sofortiger Abreise Geschäfte. Rund 120
Anbieter - allen voran Reiseriese TUI - überlassen dem
Unternehmen Restplätze. Mitarbeiter in den
Urlaubsgebieten stricken aus freien Flugsitzen und leeren
Hotelzimmern Reisen.
400 000 Kunden?
Die können entweder per Fax oder in
einem der knapp 100 Läden, vom Sommer an auch im
Internet gebucht werden. Mit diesem Rezept hat L'Tour
seine Passagierzahlen zwischen 1993 und 1996 auf 370 000
verdoppelt, für 1997 werden 400 000 Kunden erwartet.
Im Gegensatz zu dem Unternehmen aus
Baden-Baden greifen die Veranstalter überwiegend aus Not
auf den Verkaufsweg Last-Minute zurück. Das ist
Schadensbegrenzung, da verdient man nichts mehr
dran, meint ITS-Sprecherin Anette Forr e. Von
einer Art Verlustminderung spricht auch die
TUI, die ihren Namen selber nicht mit einem solchen
Produkt in Verbindung bringen will.
NUR-Sprecher Gunther Träger sieht das
anders: Mit Last-Minute kann man sehr gut Geld
verdienen - allerdings nur, wenn man es gezielt
betreibe. Sei ein Flugzeug zu rund 90 Prozent gefüllt,
ist das kostendeckend.
Jede mit einem extra verkauften Platz
verdiente Mark bedeute Zusatzgeschäft. Da entscheide
sich, ob der Veranstalter Geld verdiene oder verliere.
Betreibt man Last-Minute als Schadensbegrenzung,
kann das sehr teuer werden.
|