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© Nürnberger Nachrichten

Mit und ohne
Muckis
In Südtirol kommen auch weniger
konditionsstarke Radfahrer auf ihre Kosten

Obst, Speck, Wein und Wandern – das gehört zu Südtirol wie die Bratwurst zu Nürnberg. Doch Radfahren? Ganz locker, fast ohne Steigungen, kinderleicht zu schaffen? Erich Spittaler, Chef des Tourismusverbandes Südliches Südtirol, weiß, daß das Land zwischen Brenner und Salurner Klause nicht gerade als Paradies für gemütliches Radeln gilt.

Zu Unrecht, wie er meint – und deshalb werben er und andere Tourismusmanager verstärkt auch um diese Zielgruppe: mit einem raschen Ausbau des Radwegenetzes und einer ganzen Serie von Radwanderführern, die Urlaubern mal etwas andere Südtirol-Ferien schmackhaft machen sollen.

Und tatsächlich: Südtirol macht nicht nur Rennradlern und Montainbikern Spaß, die sich seit langem auf den Bergen über der Etsch tummeln. Auch drunten in den Tälern ist in den letzten Jahren ein dichtes Netz von Routen für weniger konditionsstarke Fahrer geknüpft worden, das sich sehen lassen kann: auf ruhigen Wein- und Obstgartenwegen, verkehrsarmen Straßen in immer reizvoller Landschaft, meist asphaltiert und in der Regel gut ausgeschildert.

Verkehrsämter und Zimmervermieter haben sich ebenfalls auf die neue Kundschaft eingerichtet: In vielen Hotels sind Fahrräder im Pensionspreis inbegriffen, in jedem größeren Ort können sie gegen Gebühr ausgeliehen werden. Kinderräder und -sitze sind kein Problem – Steigungen auch nicht für den, der die richtigen Touren wählt: 30 Kilometer radeln mit 30 Metern Höhenunterschied schafft schließlich jeder Flachlandtiroler.

Herrliche Ausblicke

Beispiel Kaltern an der Weinstraße: Drunten am See warten am „Lido“ oder am Hotel Thalhof die Räder, genüßlich strampeln wir am Ufer entlang, fahren durch schattige Obstgärten in Richtung Süden; ab und zu weichen wir ein paar Wanderern aus, Autos begegnen uns nur an ein paar Durchgangsstraßen, die es zu queren gilt.

Ansonsten herrliche Ausblicke auf die Ruine Leuchtenburg, ein obligatorischer Stopp an einer der vielen Jausenstationen und Natur satt: Etwa im Biotop „Schilfgebiet Kalterer See“ mit Störchen, Kormoranen, Kranichen und 100 anderen Vogelarten, die dort ein sicheres Refugium gefunden haben. Am Ende zeigt der Tacho gut 20 Kilometer, ins Schwitzen geraten sind bei der Tour selbst die Kinder nicht.

Man kann es natürlich auch härter haben: Mit 270 Metern Höhenunterschied rund um den Montiggler Wald, 470 Meter von Eppan hinauf nach Perdonig oder 600 Meter bei stets zehn Prozent Steigung durch den Naturpark Trudner Horn. Wer genug Muckis in den Beinen hat, kann die große Dolomiten-Rennradtour versuchen: 140 Kilometer lang, stolze 2000 Meter Höhenunterschied – Geübte schaffen das in rund sieben Stunden.

Etwa halb so lange brauchen Normal-Radler für die vielleicht schönste Genuß-Tour in Südtirol: für den Weg entlang der Etsch zwischen Bozen und Trient. Wir haben ihn in Neumarkt mit einer kleinen Rundfahrt durch das mittelalterliche Städtchen begonnen, das gerade an heißen Tagen zum Bummeln unter wunderschönen Renaissance-Lauben einlädt – erst recht, weil Autos aus dem Ortskern verbannt sind und der Massentourismus Neumarkt noch nicht entdeckt hat. Dann hinauf auf den asphaltierten, gelegentlich auch fein geschotterten Etschdamm – und rund 40 Kilometer brettleben immer geradeaus.

Rückfahrt per Zug

Wer es nicht eilig hat, sollte unterwegs einen Abstecher nach Margreid mit seinen herrlichen Torbögen riskieren, beim Brunnen am kleinen Hauptplatz Rast machen, etwas steil hinauf zunächst zur Jausenstation Schloß Turmhof und wieder zur Etsch radeln.

An der Sprachgrenze bei Salurn, wo die Etsch zur Adige wird, werfen wir einen langen Blick auf die uralte Haderburg und treten kräftig in die Pedale: Der landschaftliche Reiz läßt nach, dafür lockt die alte Bischofsstadt Trient. Die Zufahrt zur Innenstadt über durchwegs verkehrsarme Straßen ist problemlos.

Ein Cappuccino vor dem Neptunsbrunnen, eine Besichtigung des romanischen Doms, der Fresken am Cazuffi-Palais und des Castello del Buon Consiglio – und dann noch ein paar Minuten bis zum Trientiner Bahnhof: Für die Rückfahrt ist der Zug zu empfehlen, um Zeit zu sparen – Zeit für einen der vielen anderen Südtiroler Radwanderwege. J.H.

Radwanderführer mit vielen Tourenvorschlägen, Karten und Adressen für Radverleihe und -reparaturen sind erhältlich bei: Südtirol Tourismus Werbung, Pfarrplatz 11, I-39100 Bozen, Tel. 0039/471/99 38 08 und Tourismusverband Der Süden Südtirols, Pillhofstraße 1, I-39010 Frangart, Tel. 0039/471/63 34 88.

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