Viel Wein
am Wegrand

Kultur und Sport vereinen sich auf
Radtouren durch Südtirol

Von Eveline Krabec

Die durstigen Radler verlassen den Radweg an der Etsch und biegen auf die Straße zum nächsten Ort ab. Dort stoppt ein Polizist an der Kreuzung den Verkehr und winkt die Pedalritter durch, die schnurstracks die nächste Vinothek ansteuern und unter historischen Arkaden im Renaissance-Stil bei Wasser und Wein eine Pause einlegen. Der freundliche Polizist gesellt sich bald zu ihnen und trinkt ein Glas mit.

So kann Radwandern an der südlichen Weinstraße in Südtirol sein. In Italien ist eben manches anders als bei uns – auch das Radeln. Die Italiener fahren bevorzugt mit dem Rennrad auf der Straße, während wir doch eher ausgeschilderte Radwege auf Nebenstraßen schätzen. In vielen Ferienregionen Südtirols geht man jetzt dazu über, Radwege anzulegen und die Biker abseits der Hauptverkehrsstraßen durch die einmalige Landschaft radeln zu lassen. Dabei bieten sich vor allem landwirtschaftliche Wege durch Weingärten und Apfelplantagen an, wo nur ab und zu mal ein Traktor vorbeituckert. So kommen vor allem jene auf ihre Kosten, die Sport mit Kultur und Kulinarischem verbinden wollen.

Mittelalterliche Städtchen

Eine völlig andere Vegetation als an der südländischen Weinstraße erwartet die Radler im nördlicheren Vinschgau. Das Tal zwischen Reschenpaß und Meran ist das regenärmste in Südtirol. Meist ohne Regenbekleidung im Gepäck können sich die Biker auf die Fahrt durchs „Val Venosta“ machen. Der gut ausgeschilderte Radweg führt durch leicht hügeliges Gelände, vorbei an mittelalterlichen Städtchen wie Glurns, einem architektonischen Kleinod mit der einzigen vollständig erhalten gebliebenen Stadtbefestigung des alten Tirols. Hinter dem Dörfchen Laas, bekannt durch den Laaser Marmor, beginnt der einzige nennenswerte Anstieg wenn es gilt, den „Gadria-Schuttkegel“ zu überwinden. Anschließend ist wieder Genußradeln angesagt. Die Radler ziehen ihre Spuren durch Wein- und Apfelgärten, und am Eingang zum Schnalstal thront hoch oben Schloß Juval, das von Reinhold Messner als Ruine gekauft und von ihm saniert wurde. Kultureller Höhepunkt ist in Naturns das St.-Prokulus-Kirchlein mit uralten Fresken, die heute noch dem Besucher Rätsel aufgeben.

Beliebt bei konditionsstarken Radlern ist das Passeiertal. Im Tal des Andreas Hofer, das zwischen Jaufenpaß und Timmelsjoch liegt, stehen die Bergbauernhöfe auf besonders steilen Hängen. Die Rennradler müssen sich das bergige, kurvige Sträßchen mit Autos und vielen Motorradfahrern teilen, während die Mountainbiker jetzt neben der Passer auf den neu angelegten Radweg ausweichen können. Besonders sehenswert sind im Passeiertal die Schildhöfe, die aus dem 13. Jahrhundert stammen. Schildbauern, die einst dem Grafen mit Roß und Reiter dienten, erhielten als Anerkennung und Dank die Adelsrechte und Steuervergünstigungen und konnten sich diese Höfe bauen. Heute gibt es noch elf Schildhöfe im Tal, der schönste steht in Saltaus. Hier existiert noch ein alter Keller mit einem Gewölbe aus dem Jahr 1180, und im ehemaligen Gefängnis ist jetzt eine Weinstube eingerichtet. Der Saltauser Schildhof ist inzwischen zum luxuriösen Hotel umgebaut worden.

Ganz schön anstrengend

Ebenfalls für sportliche Biker sind die Radwege im Hochpustertal. Einzige Ausnahme ist der Drauradweg, der gleichmäßig am Fluß entlang bergab führt. In Lienz nimmt man dann entweder einen mit Radwaggons ausgerüsteten Zug zurück oder man setzt die Fahrt auf dem Drauradweg nach Kärnten fort. Ansonsten fordern die Radtouren in den steilen Dolomiten selbst vom geeichten Pedalritter Tribut. Doch je schwieriger die Touren, um so mehr Radenthusiasten in knalligen Trikots drehen ihre Dolomitenrunden. Die Region Hochpustertal ist auch Schauplatz des längsten und härtesten Rad-Marathons, dem Dolomiti Superbike am 6. Juli. Nach den bisherigen Einschrei bungen wird heuer ein neuer Beteiligungsrekord mit 2500 Teilnehmern erwartet. Radeln kann süchtig machen.

Bei der Südtirol Tourismus Werbung in I-39100 Bozen, Pfarrplatz 11, Telefon 0039/471/99 38 08 gibt es eine Broschüre mit Routenvorschlägen für Radtouren in ganz Südtirol. Die jeweiligen Fremdenverkehrsverbände haben detaillierte Radwegekarten mit Streckeninformationen.

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