Schutz für seltene Greife
Erlanger Hauptschüler interviewten einen Falkner im Altmühltal

Heute gibt es noch 291 Greifvogelarten auf der ganzen Welt. Doch nur zwei Arten, Wanderfalke und Fischadler, leben auf allen Kontinenten. Ihre Zahl geht überall durch die Zerstörung ihres Lebensraumes, durch Vergiftung der Umwelt und durch Verfolgung des Menschen zurück. Etwa 15 Greifvogelwarten in Deutschland wenden sich mit Flugvorführungen an die breite Öffentlichkeit, um für den Schutz der selten gewordenen Greife und ihrer Umwelt zu werben. Eine davon ist der Falkenhof Schloß Rosenburg, der im Altmühltal hoch über dem Städtchen Riedenburg thront und sich dem Artenschutz, der Züchtung, der Pflege verletzter Greife, aber auch – als einziger in Europa – der Lehre, Forschung und Wissenschaft verschrieben hat. Wir, die Unterstufenredakteure der Schülerzeitung „Tintenklecks“ der Erlanger Hermann-Hedenus-Hauptschule, wollten Näheres über diese Einrichtung erfahren und befragten deshalb den Besitzer Hermann Hafner.

Bitte stellen Sie sich und ihre Arbeit kurz vor!

Hafner: Ich habe von meinem Vater den Betrieb übernommen, als ich die Jagd- und Falknerprüfung gemacht hatte – sie sind nämlich die Voraussetzung für ein Haltegenehmigung von Greifen. Zusammen mit vier weiteren Falknern kümmere ich mich um etwa 150 Vögel, von denen 43 bei den Vorführungen gezeigt werden. Alle anderen sind Zuchttiere. Wir säubern täglich die Volieren, richten das Futter her, wiegen die Vögel (verlieren sie nämlich an Gewicht, sind sie krank), trainieren sie und führen sie zweimal täglich in der Saison von März bis Oktober vor insgesamt etwa 150 000 Zuschauern vor.

Was machen Sie genau mit den Greifvögeln?

Hafner: „Wir haben uns auf sechs heimische Greifvogelarten spezialisiert. Alle Vögel, auch die Geier, stammen aus unsere eigenen Zucht. Vorgeführt werden nur jugendliche, das heißt noch nicht geschlechtsreife Tiere. Jeder Vogel hat zwei Bezugspersonen – je größer der Vogel, desto enger ist auch der Kontakt zu diesen beiden Menschen. Wir trainieren die Vögel so, daß sie ihre natürlichen Verhaltensweisen, zum Beispiel bei der Jagd, zeigen. Mit Hilfe von Fleischstückchen gewöhnen wir sie an uns. Dann „lernen“ sie den „Faustappell“, das bedeutet, daß sie auf die Faust geflogen kommen. Schließlich werden sie ans „Federspiel“ gewöhnt, eine Beute-Attrappe. Die Vögel tragen Lederriemchen am Fuß (zum Anbinden) und ein Glöckchen (zum leichteren Wiederfinden, wenn sie davonfliegen), manchmal eine Kopfhaube. Der Falkner trägt einen dicken Lederhandschuh und für die Fleischstückchen eine Ledertasche. Bisher ist uns noch nie etwas beim Umgang mit den Greifen passiert.

Wie sind die Greifvögel bei Ihnen untergebracht?

Hafner: Die Zuchtvögel leben in großen Freiflugvolieren, die vom Zuschauerbereich abgeschirmt sind. Brutpaare großer Greife, die sich selbst zusammengefunden haben, bleiben meist ihr ganzes Leben lang beieinander, kleinere Greife, wie z. B. die Falken, wechseln alle vier bis fünf Jahre ihre Partner. Wir bieten den Vögeln natürliches Nistmaterial zum Bauen, aber auch künstliche Nester an. Je größer ein Vogel, desto weniger Eier legt er, ein Geierweibchen etwa brütet nur alle zwei Jahre ein Ei aus. Ist ein Weibchen unerfahren oder unbeholfen, werden die Eier gegen Hühnereier ausgetauscht und im Brutkastet ausgebrütet. Seit den 70er Jahren gibt es viele Brut- und Zuchterfolge in Gefangenschaft, so daß etliche Arten bereits ausgewildert werden können. Wir haben z. B. schon Wanderfalken im Altmühltal und in Rußland in die Freiheit entlassen. Verkauft wird kein Tier, die Vogelwarten tauschen ihre Nachzucht lediglich untereinander.

Ist diese Art der Vogelhaltung trotzdem nicht Tierquälerei?

Hafner: Während der Saison sind die Tiere an Sitzstangen festgebunden, den Winter verbringen sie in Freiflugvolieren. Die Geier können dann frei fliegen, denn sie fressen nur Aas und schaden niemandem – ganz im Gegenteil, sie betätigen sich als „Gesundheitspolizei“ und vertilgen totes Wild. Die Anbindehaltung sieht brutal aus, ist es aber nicht. Sie schützt vor Verletzungen, denn die Tiere würden sich gegenseitig bekämpfen, um ihr Revier zu verteidigen. Ein Amtsveterinär kontrolliert übrigens die artgerechte Haltung. Während einer Vorführung kann es schon einmal passieren, daß ein Vogel seine Freiheit länger genießen möchte als geplant. Ein Steinadlerweibchen z. B. kehrte erst nach vier Wochen von alleine zurück, einen entflogenen Geier mußten wir aus Dänemark abholen. Die Vögel sind beringt und zum Teil mit Computerchips in der Brustmuskulatur markiert, damit wir sie wieder auffinden können.

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