Hier
soll nichts an Haare erinnern
Ein Friseurbesuch ist nicht
mehr das, was er mal war: Trendbewußte stellen sich dem
Abenteuer FigaroMal wieder
eine neue Blondierung fällig? Oder soll die Dauerwelle
aufgefrischt werden? Kein Problem: Ein Blick in die
Gelben Seiten genügt und man hat bei weit
über 250 Einträgen die Qual der Wahl. Zu Salon
Angela oder ins Haarstudio Mayer? Die
Trendbewußten jedenfalls zieht es eher zu Läden wie
mod's hair oder Toupet or not
Toupet. Sind Namen nur Schall und Rauch, oder
steckt mehr dahinter?
Hey, schön, daß du wieder mal
da bist. Kleine Umarmung. Der Mann mit der
silbernen Brille und dem schwarzen Versace-Hemd, der so
freundschaftlich seine Kunden begrüßt, ist Richard
Schmid. Haarscharf nannte er seinen
Friseurladen vor zehn Jahren und war damit sämtlichen
Salons Uschi um Haarlängen voraus. Der
findige Coiffeur mit Dreitagebart setzte auf junge
Kundschaft.
Auf zwei Ebenen soll hier nicht nur
geschnitten, gefärbt und gefönt werden, was die Haare
aushalten. Auch der Erlebniswert zählt. Wer den
Kunden heute nur den Schnitt bietet, ist selbst
schuld, meint der Meister und streicht Kundin Moni
beinahe liebevoll durch den rausgewachsenen
Stufenhaarschnitt. Aus den Boxen schwappt
Drum'n'Bass-Sound vom Feinsten. Der kommt direkt vom
Stereo-DeLuxe-Internet- und Recordstore aus
dem Untergeschoß. Auch eine Idee von Richard Schmid:
Warum nicht einfach zwei Läden kombinieren?
Geschäftsleute, Journalisten,
Studenten alle wollen im Haarscharf
ein bißchen teilhaben an Klatsch und Tratsch aus der
Szene. Und ganz nebenbei einen guten Schnitt. Oder eine
neue Farbe. Oder kleine Zöpfchen, wie sie Lee von
Tic Tac Toe trägt.
Progressiver Sound
Intergalaktisch geht's an der Fürther
Straße zu: Cosmic Stylers der Name
scheint mehr mit Star Wars als mit Frisuren zu tun zu
haben. Ralph Boss, seit fünf Jahren kreativer Kopf des
Ladens: Eigentlich soll hier auch nichts an Haare
erinnern.
Silberne Wände, kleine
Styroporplaneten, viel Stahl und vor allem laute
progressive Musik umnebeln die Sinne. Wer hier arbeitet
und sich bearbeiten läßt, muß das Chaos schon
aushalten. Zwischen Ufos, Milchstraße und musikalischen
Schallwellen saust Azubi Tina Maucher auf Inline-Skates
durch die Haarschnipsel. Die Leute finden das
cool, meint ihr kosmischer Boss.
Marsmännchenfrisuren gibt es hier
natürlich keine. Doch ein bißchen verrückt und
ausgefallen darf's schon sein: grelle Farben, stachelige
Schnitte oder extremes Styling. Bitte so, wie beim
letzten Mal ein Satz, der Ralph Boss nervt.
Da fehlt für ihn die Spaßkomponente, schließlich
heißt seine Devise: viel Fun und Action.
Büchner. Haarschnitte was
sonst. Was sonst, denkt sich der Kunde. Die
Einrichtung des Ladens in der Nordstadt ist
minimalistisch. Acht Stühle, acht Spiegel, drei
Waschbecken. Alles sehr symmetrisch. Alles weiß, grau
und schwarz. 160 Quadratmeter lassen viel Raum für
Kreativität und für Dackelhündin Bea, die auf
einer Wolldecke unter dem Fenster mit traurigen
Hundeblicken die fallenden Haarbüschel bedenkt.
Hier wird eben gearbeitet, erklärt Meisterin
Cornelia Büchner knapp. Da kann sie Schnickschnack nicht
brauchen.
In dem hallenartigen Raum ist nur das
metallische Klappern der Schere zu hören, begleitet von
leisem Jazz und Soul. Dabei bin ich ein sehr
chaotischer Mensch, gibt die schwarzhaarige
Friseurin zu. Der Kunde merkt davon nichts.
Haareschneiden sieht sie als Handwerk, das man ernsthaft
betreiben sollte. Die Ideen dafür holt sie sich aus
London wie ihre beiden Friseurkollegen übrigens
auch.
Haarscharfes Styling, kosmische Wellen
oder Handwerk pur: So unterschiedlich wie das
eigenwillige Konzept der drei Figaros sind ihre
importierten Trendprognosen: Crazy Colours,
80er-Jahre-Schnitte und kunstvolle Dauerwellen. Hat man
das nicht neulich bei Salon Angela im
Schaufenster gesehen? MARTINA HILDEBRAND
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