Internat
nein danke?
Wer als Schüler ein
Pensionat besucht, ist meistens begeistertInternat? Da gehen doch nur Leute hin, die
Trouble in der Schule oder mit den Eltern haben. Ich will
nicht in so ein Ding, meint der 15jährige Flo.
Auch Matthias, 14, möchte da nicht hin. So
weit weg von Eltern und Freunden würde er sich nicht
wohlfühlen. Lena ist da allerdings anderer Meinung:
Naja, wäre gar nicht so schlecht, so ein Internat.
Dann wäre ich endlich den ganzen Streß daheim los und
könnte machen, was ich will!
Über 300 Internate gibt es allein in
Deutschland. Internate nur für Jungen oder für
Mädchen, konfessionell geprägte, strenge und
konservativ geführte, aber auch liberale und moderne.
Laut einer Statistik besuchte fast jeder fünfte Schüler
in der Bundesrepublik im Laufe seiner Schulzeit,
wenigstens für ein Jahr, ein Internat. Das Schulgeld
variiert von DM 1500 bis über 5000 Mark im Monat. Die
hohen Kosten entstehen, da die Schulen kaum
Unterstützung vom Staat bekommen.
Oft ist es Wunsch des Kindes, auf ein
Internat zu gehen. Einzelkinder etwa haben so die Chance,
für ein paar Jahre ständig in Gesellschaft anderer
Jugendlicher zu sein. Internate versprechen heute, den
Mädchen und Jungen Erfahrungen zu eröffnen, die
sie weder im Elternhaus noch in einer Tagesschule machen
können. Wolfgang Tumulka von der
Euro-Internatsberatung ist sogar der Meinung,
zur Ausbildung der rationalen und emotionalen Intelligenz
gäbe es keinen besseren Ort als ein gut geführtes
Internat.
Vier Jahre lang besuchte die 16jährige
Patricia das Steigerwald-Landschulheim in Wiesentheid.
Nach der Trennung ihrer Eltern wollte ihre Mutter nicht,
daß Patricia, damals 12, zu oft alleine daheim war, wenn
sie arbeiten ging. Nach der 6. Klasse hatte Patricia die
Möglichkeit, wieder nach Hause zu ziehen. Doch sie blieb
bis zur 9. Klasse auf dem Internat. Es ist einfach
besser, wenn du nachmittags nicht alleine rumsitzt,
sondern alle deine Freunde da sind. Außerdem sieht man
die Leute nicht nur in der Schule. So entstehen viel
leichter Freundschaften.
Und von nachmittags alleine
rumsitzen kann keine Rede sein: Neben den 2-, 3-
oder 4-Bett-Zimmern gibt es Aufenthalts- und
Studierräume, die Tage sind ausgefüllt. Um sieben Uhr
aufstehen, eine halbe Stunde später gibt es Frühstück.
Nach dem Unterricht und dem Mittagessen hat man Freizeit:
Es steht jedem frei, einfach nichts zu tun oder an einer
der vielen Neigungsgruppen teilzunehmen, wie Modellbau
oder Hobbykochen. Nachmittagskaffee, Studierzeit und
Abendessen folgen, bevor es irgendwann, je nach Alter, ab
ins Bett heißt.
Doch Internate gelten hier in
Deutschland noch immer als eine Art
Abschiebestelle, zu der Eltern ihre Kinder
schicken, wenn sie nicht mehr mit ihnen zurechtkommen.
Dies war bei Phillip, 17, der Fall. Fast täglich gab es
Streit mit den Eltern, die ihn als zu
aufmüpfig bezeichneten. Er hatte die Situation zu
Hause satt und haute ab. Als er wieder zurückkam, war
sein Zimmer im Internat bereits gebucht.
Heute weiß Phillip, daß es besser
war, ins Internat zu gehen. Denn nach einiger Zeit
normalisierte sich das Verhältnis mit seinen Eltern
wieder. Doch nach Hause zurück will er dennoch nicht.
Sein Abitur möchte er schon mit allen meinen
Freunden machen. Viele Internate bieten heute auch
die Möglichkeit, für ein Vierteljahr oder länger ins
Ausland zu gehen. Partnerschulen etwa in Australien oder
Amerika garantieren: Eine solch intensive
Auslandserfahrung ist für jeden von unschätzbarem
Wert.
Nach all dem, was Flo, Matthias und
Lena nun gehört haben: Naja, wäre vielleicht gar
nicht mal so übel. Denn Freunde findet man auch
da, meint Matthias. Flo ist allerdings nicht von
seiner Meinung abgerückt. Niemand bringt mich in
ein Internat. Da müßte ich ja mein großes Zimmer
daheim verlassen und mit anderen ein Zimmer teilen. Ne
danke! Und Lena ist der Idee nach wie vor nicht
abgeneigt Muß ich mal meinen Eltern
vorschlagen!
KATIA MURMANN,
Maria-Ward-Schule Nürnberg
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