Zur Fortbildung ins Zucker-Seminar
Der 23jährige Jürgen Wachter ist Konditor aus Leidenschaft – Hohe Kunst der Pralinen und Desserts

Das ist wohl der Traum jeder Naschkatze: von Kindesbeinen an täglich von Pralinen, Trüffeln, Törtchen und anderen Leckereien umgeben zu sein und diese auch noch selbst produzieren zu können. „Mir hängt's jedenfalls noch nicht zum Hals raus“, sagt Jürgen Wachter lachend. Der 23jährige ist Konditor aus Leidenschaft – und das bereits in vierter Generation.

1908 hat sein Urgroßvater die „Konditorei Wachter“ in Erlangen eröffnet, vielleicht wird Jürgen sie irgendwann von seinen Eltern übernehmen. Zuerst muß er jedoch noch seinen Zivildienst hinter sich bringen: Er arbeitet in Köln in einem Jugendgästehaus. „Das ist die teuerste Kategorie von Jugendherbergen“, erklärt er. „Die Zimmer haben Teppichböden, aber ansonsten ist es nicht so toll.“

Wenn Jürgen nicht gerade an der Rezeption steht oder Küchendienst schieben muß, zieht er um die Häuser. „Karneval in Köln ist klasse! Die Kneipen sind gerammelt voll, und jeder macht jeden an.“ Auch die Kölner Club-Szene will der Techno- und House-Fan nach und nach erkunden.

Für den Beruf des Konditors hat er sich nicht – wie oft üblich – auf Wunsch des Vaters, sondern aus freien Stücken entschieden. „Die ersten Monate in der Lehre waren echt grausam“, gibt er heute zu. „An den Sohn eines Konditormeisters werden eben höhere Erwartungen gestellt. Da mußt du erst mal durch.“ Auch mit vielen Klischees hatte er zu kämpfen, aber inzwischen ist die Kunst der Pralinen und Desserts für ihn zum zweitliebsten Hobby geworden. Für seine glanzvolle Gesellenprüfung wurde er sogar mit einem Stipendium belohnt.

Durch seinen Job ist Jürgen schon viel herumgekommen: Nach der Lehre arbeitete er in Baden-Baden, danach in einer Kölner Großkonditorei, kurz in Kassel und machte schließlich noch ein Praktikum in Luzern. Er kreierte in München Kuvertüre-Kunst und bildete sich mit Pralinen- und Zucker-Seminaren an Fachschulen weiter.

„Bei den Mädels hatte ich immer gute Karten“, gesteht er mit verschmitztem Lächeln. Doch Eskapaden sind seit zwei Jahren vorbei, denn Jürgen ist in festen Händen. Bei einer Baggersee-Party funkte es zwischen Sonja und ihm, denn „der Sommer ist immer meine Zeit“. Kurz darauf zog seine große Liebe aber nach Köln, um „Regionale Wissenschaften Chinas“ zu studieren. Es folgte ein Jahr der Zugfahrten und gigantischer Telefonrechnungen, bis der Zivildienst beide wieder vereinte.

Mit Erlangen verbindet den Konditor mit Robert-De-Niro-Blick noch immer viel, schließlich hat er hier einen großen Freundeskreis und vor allem die „Flying Doghnuts“, seine Streetball-Mannschaft. Zu gerne wäre die Basketball-Crew in diesem Jahr in die USA gefahren, um live ein NBA-Spiel zu erleben. Immerhin war es die letzte Saison ihres Vorbilds, Michael Jordan, bei den „Chicago Bulls“. Doch dafür fehlte den Freunden das nötige Kleingeld. So bleibt Jürgen Wachter vorerst nur der Blick auf ein riesiges Poster seines Idols, das über seinem Bett in der Erlanger Heimat hängt.

Und wie steht's mit Zukunftsplänen? Nach dem Zivildienst will Jürgen auf der Konditorenschule in Köln seinen Meister machen und danach auf jeden Fall den Schritt in die Selbständigkeit wagen. Vielleicht wird er ja die Kontakte seiner Freundin nutzen und irgendwann China mit hausgemachten Champagnertrüffeln und Rumkugeln versorgen. DENISA RICHTERS

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