Pippi Langstrumpf statt Roboter
Kinderhörspiele als Bestseller in deutschen Kinderzimmern

Von Wolf Jensen, dpa

Pippi Langstrumpf, Räuber Hotzenplotz und die Schlümpfe haben Roboter und Weltraumwesen aus den deutschen Kinderzimmern vertrieben - zumindest was die Hörspiele angeht. Die Klassiker der Kinderunterhaltung erobern die Herzen der Jungen und Mädchen zurück. Ob Emil Grünbär, Jim Knopf, die Kleine Hexe, Dornröschen oder Benjamin Blümchen, sie alle stehen wieder ganz oben in der Beliebtheitsskala der Kinderhörspiele.

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mit über 13 Millionen verkauften Tonträgern die Kinderhörspiele zum Bestseller auf dem deutschen Tonträgermarkt. Der Hamburger Branchendienst "musik" schätzt, daß sie im letzten Jahr einen Rekordumsatz von über 150 Millionen Mark erreichten und damit eine der wenigen Lichtblicke des stagnierenden Tonträgermarktes sind.

Werner Klose, Karussell-Geschäftsführer in Hamburg und einer der Vermarkter für Hörspiele, geht davon aus, daß sich Kinder in einer phantastischen Welt entspannen und keinem Alptraum hinterherjagen wollen. Klose: "Was Oma, Opa und die Eltern schon zum Träumen brachte, danach fragen heute wieder die Kids". Der Mehrumsatz sei darauf zurückzuführen, daß Eltern wieder verstärkt Geschichten kauften, die sie selbst schon als Kinder gern hörten.

Außerdem seien Hörspiele noch populärer geworden, seit sie mit Bilderbüchern und Zubehörteilen wie Uhren und Kompassen versehen würden, berichtet Klose. Prominente Vorleser hätten kaum noch eine Chance, gefragt sei vor allem eine zeitgemäße Sprache und Atmosphäre. Bestseller entwickelten sich bei den Kindern durch Mund-zu-Mund- Propaganda in Kindergärten und Schulen.

Der Schriftsteller Ottfried Preußler aus dem bayrischen Rosenheim, der in den 60er Jahren den Räuber Hotzenplotz erfand, meint zu dem Klassiker-Comeback: "Meist behalten die Leute auch noch als Erwachsene die Bücher in so guter Erinnerung, daß sie sie als Großeltern ihren Enkelkindern weiterempfehlen. Ich habe immer die Kinder vor Augen gehabt, wenn ich meine Bücher geschrieben habe". Zu dem Nostalgietrend dürften auch die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag der Kinderbuchautorin Enid Blyton beitragen, deren Geschichten derzeit im ZDF gezeigt werden.

Seit bereits über 20 Jahren erobert der Elefant Benjamin Blümchen die Kinderherzen. Blümchen-Chef Wolfgang Otterstein in Berlin nennt inhaltliche Qualität und kindgerechte Darstellung als Erfolgsgeheimnis. Für die 26jährige Kinderhörspielexpertin Beate Gröger in Hamburg ist das Comeback der Klassikern in der Sehnsucht von Jungen und Mädchen begründet: Nach Computer, Techno und Schulstreß wollten sie sich in einer heilen Welt entspannt zurückzulehnen können.

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