In der Halfpipe oder am
Rail vergißt ein Skater jeden Stress
Inline-Skaten ist ein
Kultsport geworden Außenseiter können beim
Fachchinesisch kaum noch mithalten Eigene Mode und
MusikIns Parkhaus, zur
Kirche oder durch die Stadt? fragt Alex seine drei
Freunde. Na, wir haben Zeit, das Wetter ist super,
also warum nicht alles drei? He, wartet,
Basti kommt auch noch! Da oben!
Die Vier drehen sich um und sehen Basti
in riesigem Tempo den Berg hinunter auf sie zuschießen.
Ein Außenstehender hätte vermutlich schon längst einen
Krankenwagen bestellt, denn wie Basti so den Berg auf
seinen Inline-Skates runterdüst, fast schon in der
Hocke, glaubt man kaum, daß er noch bremsen kann.
Doch seine vier Freunde haben da keine
Bedenken: Irgendwie kommt er schon zum
Stehen! Und das kommt er dann auch, 30 cm vor
Hannes' Füßen, wobei er eine halbe Drehung springt und
einen Skate ganz flach über den Boden zieht. Ein
sogenannter Power Slide, die wohl
coolste Art, auf Skates zu bremsen.
Schlabber-Look
Nach der Begrüßung skaten sie los.
Fünf Jungs zwischen 14 und 18, alle in viel zu weiten,
wegen der großen Risse kaum noch als solche erkennbaren
Hosen, mit Schlabber-T-Shirt, Rucksack, Knie-,
Ellenbogen- und Handgelenkschoner, Helm und dem wohl
wichtigsten an den Füßen: ihren Skates. Schwarz,
zerkratzt, verschrammt, mit Aufklebern, mit Metall- und
Plastikstücken an der kaputten, zum Teil ausgebrochenen
Schiene, die Grindplates heißen, und und und
. . .
Alex, Hannes, Jojo, Basti und Mike sind
Street-Skater. Sie düsen durch die Stadt, immer auf der
Suche nach Geländern (Rails), Treppen oder Stufen
(Curbs), an oder auf denen sie der Welt ihr Können
beweisen wollen. Doch die ist davon oft gar nicht so
begeistert, vor allem Hausmeister oder Anwohner, die um
ihre Treppenstufen oder halbhohe Abtrenungsgeländer
bangen. Auch die Polizei verjagt zuweilen die fünf
Freunde, besonders, wenn sie sich an einer der Bänke in
der Fußgängerzone zu schaffen machen. Sie springen auf
Sitzflächen und Lehnen und versuchen wie besessen dort
zu grinden (rutschen), bis es endlich klappt.
Inline-Skaten ist der Kultsport schlechthin, und viel
leicht noch mehr als nur ein Sport. Skaten
ist eine Kultbewegung, für viele eine Freiheit, die
Möglichkeit, ihren Alltags- oder Schulstreß in der
Half-Pipe oder am Rail zu vergessen. Die ganz
echten Skater tragen standesgemäß zerfetzte
Skatehosen, Riesenknieschoner, mega T-Shirts eines
Skateher stellers und den ultimativen, mit Aufklebern
zugekleisterten Helm. Die Skaterszene hat eigene
Modetrends, eigene Musik, Magazine und Idole. Auf Videos
kann man sich den Fahrstil, die Tricks und die Slams
(Stürze) der Profis, die meist aus den USA kommen,
anschauen. Das eigene Fachchinesisch mit
Ausdrücken wie rail, curb,
shifty oder acid wird selbst nur
von wenigen Skatern perfekt beherrscht.
Stop, you know, wir haben auch
unsere eigene Mentalität! erklärt mir Mike stolz.
Anyway, wir sind frei auf unseren Skates und auf
ihnen kann man gar nicht schlecht gelaunt sein, wir sind
offener für neue Leute, die du auf Skates echt immer
kennenlernen wirst. Und durch so ein gemeinsames Hobby
hat man immer 'was zu quatschen!
So redet der Skater
Einführungsphrasen wie you
know oder anyway sind absolut normal,
wenn ein Skater redet. Warum? Well, der Satz
wird halt gleich viel lockerer dadurch, you know!
meint Jojo. Der Sport hat sich dauernd weiterentwickelt.
Was man vor ein paar Jahren für unmöglich gehalten hat,
wie ein Vorwärts- oder Rückwärtssalto, einfach oder
doppelt, in dem Half-Pipe oder über eine Ramp, zwei oder
gar drei Umdrehungen, no problem!
Klack Alex springt
auf das ca. 90 cm hohe Geländer und grindet
es ganz durch. Die Füße hat er dabei seltsam
überkreuzt, ein unity Grind, wie er mir
erklärt. Langsam aber sicher habe ich keinen Durchblick
mehr, was eigentlich was ist. Und schon wieder
nachzufragen wäre zu peinlich.
Der Hausmeister kommt!
schreit Hannes plötzlich. Schnell springt Mike von der
Marmorstufe am Eingang des Hauses ab, sie schnappen sich
ihre Rucksäcke und verschwinden um die Ecke.
KATIA MURMANN, Maria Ward Schule Nürnberg.
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