Romantischer
Treff am Fuße der Burg
An lauen Sommerabenden
pilgern seit über 20 Jahren Jugendliche zum Platz beim
TiergärtnertorIch mag
gern Hochhäuser, Wolken, rote Autoschiffe und eine
große Kanne Pommes. Daniel ist in ausgelassener
Stimmung. Kein Wunder, denn an diesem Platz läßt es
sich gut träumen: Seit über zwanzig Jahren ist das
Kopfsteinpflaster am Tiergärtnertor für Teenies aus
Nürnberg und Umgebung in den Sommermonaten Treffpunkt
Nummer eins.
Geändert hat sich in dieser Zeit vor
allem das Outfit der Besucher: Hatten Anfang der
Siebziger noch langhaarige Freaks und Blumenkinder im
Schneidersitz den Platz fest im Griff, waren zehn Jahre
später vor allem Popper und Yuppies in Karottenhosen
oder Sakko hier anzutreffen. Damals gab es auch noch kein
Nachtfahrverbot im Burgviertel; und es galt als richtig
cool, mit dem Vespa-Roller die scharfe, steile
Rechtskurve in die Söldnersgasse zu bezwingen. Andere
fuhren auf dem Dach ihres Golf manchmal eigens
dafür geliehene Surf-Bretter spazieren.
Damit ist es jedoch längst vorbei. Wo
tagsüber Tausende Touristen mit ihren Kameras das
Mittelalter einfangen, kehrt an lauen Abenden wieder die
Hippie-Romantik der Anfangszeit ein. HipHop-Jungs in
weiten Hosen, Mädchen im siebziger Look, Langhaarige mit
vierbeinigen Begleitern und Raver mit
Fisheye-Sonnenbrille auf dem Kopf sie alle üben
sich im trauten Sit-in am Fuße der Burg. Dürer-Platz
wird der Ort fälschlicherweise, aber beharrlich in der
Szene genannt, sitzt man doch immerhin mit Blick auf das
Haus des alten Meisters. Wer weiß, vielleicht würde
Dürer heute auch so manche Sommernacht hier verbringen.
Daniel und seine Clique alle
zwischen 14 und 16 haben sich auf dem Sockel des
bronzenen Dürer-Hasen von Jürgen Goetz
niedergelassen. Wir kennen fast jeden hier, weil
immer die gleichen Leute herkommen, sagt Debby.
Man lernt aber auch schnell neue Leute
kennen. Einige Meter entfernt zupft einer auf
seiner Gitarre, die Töne schweben über dem Platz.
Das ist Ingo, kommt es wie aus der Pistole
geschossen. Man kennt sich eben.
Jedes Wochenende treffen sich die
Freunde auf dem Dürer, in der Ferienzeit
sogar täglich. Wenn der Magen knurrt steigen sie den
Berg hinab zum Hauptmarkt, wo vor kurzem ein
Fast-food-Tempel eröffnet hat. Aber kein
Fleisch, mahnt Julia, überzeugte Vegetarierin,
weil mir die Tiere so leid tun. Ihre Freunde
sehen das anders.
Mittwoch war's hier klasse,
schwärmt einer der drei Johannes' in der Gruppe.
Der letzte Schultag: Es war eine große
Party. Zum Leidwesen der Nachbarn wahrscheinlich,
denn nicht selten poltert zu fortgeschrittener Stunde
eine der Liter-Bierflaschen aus der Altstadthof-Brauerei
über das Kopfsteinpflaster. Heute ist Bardentreffen.
Lauter Alte unterwegs, meckert der
15jährige. Die sind voll nostalgisch, weil sie vor
15 Jahren auch mal hier waren. Wer weiß,
vielleicht ist unter den Nostalgikern auch der eine oder
andere Entdecker dieser Open-air-Perle zum Nulltarif.
DENISA RICHTERS
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