MS-Kranker schildert die Einsamkeit in der Wohnung
„Ich bin Gefangener“
Tausend Betroffene in Mittelfranken – Weihnachtsaktion Teil 27

In Mittelfranken leben mehr als Tausend Multiple Sklerose-Patienten. Gert Mathiesen von der Deutschen Mustiple Sklerose-Gesellschaft (DMSG) in Nürnberg sagt: „MS ist die häufigste organische neurologische Erkrankung. Nicht immer, aber häufig ist sie mit fortschreitender Lähmung verbunden.“ Längst gibt es Selbsthilfegruppen auch in Hersbruck, Altdorf, Schwabach/Roth, Treuchtlingen, Gunzenhausen, Dinkelsbühl, Bad Windsheim, Erlangen und Fürth.

„Ich bin ein Gefangener. Ich komme nicht raus.“ Der dies sagt, hat früher leidenschaftlich die Fränkische und Hersbrucker Schweiz durchstreift. Nun sitzt er im Rollstuhl und blickt aus dem Fenster auf Garagendächer. Bei schönem Wetter leidet Eugen D. besonders. „Heuer war ein ganz schlimmer Sommer.“

Der 51jährige ist geschieden und lebt allein. 1988 zeigten sich erste Krankheitssymptome: Das Gehen fiel ihm schwer, er begann zu stolpern. Über zwei Jahre blieb die Diagnose unsicher, häufige Krankheitsausfälle kosteten ihn den Arbeitsplatz. Ab 1994 ging es nach seinen Worten „rasant abwärts.“ Erst brauchte Eugen eine Krücke, dann zwei. Nun der Rollstuhl.

Die „Gefangenschaft“ ist damit begründet, daß der Mann im ersten Stock eines Mietshauses wohnt. Dort ist zwar ein Aufzug vorhanden, doch die Kabine ist so klein, daß der Rollstuhl nicht hineinpaßt. Ohne fremde Hilfe kommt Eugen D. nicht mehr aus dem Haus. „Es ist eine Katastrophe“, sagt er. „Die Freunde haben sich nach und nach zurückgezogen. Ich sitze und warte, bis der Pfleger kommt.“

Die DMSG griff das Problem auf. Für Mathiesen ist dabei wichtig: „Eugen D. will sein Leben auch als Rollstuhlfahrer aktiv gestalten.“ Die Lösung wäre eine Wohngemeinschaft. Dazu bieten sich freiwerdende Räume einer evangelischen Gemeinde an. Die Diakoniestation sowie eine Tages- und Kurzzeitpflegeeinrichtung sind in unmittelbarer Nähe. Einziges Hindernis: Die Kosten für Miete und Verpflegung würden das Einkommen des Mannes bei weitem übersteigen. Mathiesen: „Die Rente reicht schon jetzt nicht aus, um die Kosten für das Essen auf Rädern und den übrigen Lebensbedarf zu decken. Er lebt von Erparnissen, die zur Neige gehen.“ Außerdem müßte Eugen D. im Falle einer Übersiedlung die Renovierung der alten Wohnung und die Umzugskosten finanzieren. Das kann er nicht.

Die Spender der Weihnachtsaktion haben in den letzten 27 Jahren vielen MS-Kranken schnell und unbürokratisch geholfen. Diesmal liegen vier Vorschläge der DMSG im Aktionsbüro. Vielleicht können auch für Eugen D. die Weichen für ein besseres Jahr und gegen die Einsamkeit gestellt werden. s.r.

Barspenden nehmen unsere Geschäftsstellen in Nürnberg (Mauthalle), Fürth (Rudolf-Breitscheid-Straße 19 und Innere Brucker Straße 8–10 entgegen. Unsere Spendenkonten: 1 101 111 Stadtsparkasse Nürnberg (BLZ 760 501 01), 277 772 Stadtsparkasse Fürth (762 500 00), 63 999 Sparkasse Erlangen (763 500 00).

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