SPD-Mann Jung legt ein Acht-Punkte-Programm vor
Stärkung der Polizei?
Neue Ermittlerbefugnisse – Für die Einführung von Kurzstrafen

MÜNCHEN – Der SPD-Innenpolitiker Thomas Jung aus Fürth hat ein Acht-Punkte-Programm zum Ausbau der Polizeiarbeit vorgelegt, das teilweise deutlich erweiterte Befugnisse für die Beamten vorsieht.

Das Papier, das in einzelnen Positionen innerparteilich umstritten ist, fordert unter anderem ein „Staatsziel Kriminalitätsbekämpfung“ im Grundgesetz. Diese Lösung, die Wissenschaftler favorisierten, mache durchaus Sinn, sagte Jung gegenüber unserer Redaktion. „Damit würde jede Diskussion wie die jüngste um den Großen Lauschangriff zur sachlicheren Abwägung zwischen zwei Verfassungsgrundsätzen führen.“

Darüber hinaus möchte der Parlamentarier gezielt die Befugnisse der Polizeibeamten ausbauen. Es mache beispielsweise wenig Sinn, daß nur die Staatsanwaltschaft verpflichtend Zeugen vorladen könne, während Polizeibeamte dies nicht dürften. „Sie aber, und nicht der Staatsanwalt, führen die Ermittlungen durch. Oft ist es dann so, daß der Staatsanwalt formal vorlädt und die Beamten bei ihm die Zeugen vernehmen.“

Keine Zustimmung in den eigenen Reihen findet Jungs Vorschlag, den Ermittlern auch die Durchsicht und Auswertung von sichergestellten Unterlagen zu gestatten. Auch dies, so beklagt der Innenpolitkker, bleibe dem Staatsanwalt vorbehalten, der aber oft schon aus Zeitnot die Aufgabe an die Polizei delegiere.

Neben anderen Punkten, etwa beschleunigten Verfahren bei jugendlichen Straftätern und erweiterten Möglichkeiten bei Auflagen oder Weisungen, sorgt vor allem ein Vorschlag Jungs in den eigenen Reihen für Kritik: Der Sozialdemokrat fordert die Wiedereinführung sogenannter Kurzfreiheitsstrafen, die es zur Zeit nur im Jugendstrafrecht gibt. „Was pädagogisch für Jugendliche sinnvoll ist, muß für Erwachsene nicht falsch sein“, argumentiert Thomas Jung.

Es sei nicht hinnehmbar, daß etwa ein Ladendieb, „den sie fünfmal mit dem Schnapsfläschchen erwischt haben, fünfmal vor Gericht nix kassiert, und beim sechsten Mal knallt es“. Der müsse dann unter Umständen acht Monate hinter Gitter, weil die Bewährung widerrufen wird. „Er verliert seinen Job, seine Wohnung, vielleicht seine Familie wegen einer Sache, die im Grunde eine Bagatelle ist.“

Jung hält Strafen unter der jetzigen Mindestgrenze von einem Monat für sinnvoll. Den Tätern werde bei Wochenendarresten oder mehrtägigen Zwangspausen hinter Gittern sehr schnell klar, „was Haft bedeuten kann, ohne daß sie gleich aus ihren Sozialbeziehungen gerissen werden“.

Allerdings sei dieser Gedanke „sehr umstritten“, räumte Jung ein. Hauptargument seiner Gegner: Im Knast bekämen die Gelegenheitsdiebe erst den Kontakt zu Schwerkriminellen. Jung denkt deshalb auch über andere Modelle nach, etwa ein Fahrverbot bei Eigentumsdelikten oder Hausarreste mit elektronischer Überwachung. Wichtig sei nur: „Die Leute dürfen eine Bewährungsstrafe nicht mehr als faktischen Freispruch empfinden.“ ROLAND ENGLISCH

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