Elvis´ Musik ist nicht totzukriegen Von Alexander Sepas, dpa "Well, it's one for the money, two for the show ..." - im Keller der Würzburger Kneipe scheint ein Film aus den 50er Jahren zu laufen, mit leibhaftigen Darstellern. Halbstarke in Lederjacken und spitzen Schuhen drängen sich krakelend vor der niedrigen Bühne und stampfen im Takt der Musik. Die glänzenden Haartollen werden akkurat mit Kamm, Gel und Frisierwachs in Form gehalten, die Kotletten sind wie mit dem Lineal gezogen. Wenige Tage vor Elvis' 62. Geburtstag am 8. Januar und mehr als 40 Jahre nach dem wohl ersten weltweit bekanntgewordenen Rockabilly-Hit "Blue Suede Shoes" hat die "Sturm-und Drang-Musik" des "King of Rock'n'Roll" amscheinend nichts von ihrer Anziehungskraft auf Jugendliche verloren. Rockabilly-Musik entstand Anfang der 50er Jahre in den Südstaaten der USA. Weiße Musiker, die mit traditionellen Country-Klängen aufgewachsen waren, ließen sich vom "schwarzen" Rhythm and Blues beeinflussen. Der neue Stil war auch wegen der elektrisch verstärkten Gitarren schneller und rauher als seine musikalischen Vorgänger. Die volkstümliche "Hillbilly"-Musik der weißen "Hinterwäldler" (Billy hinterm Hügel) "verrohte" zum Mißfallen zeitgenössischer Puristen und Moralapostel zum "vulgären" Rockabilly. Als der junge Presley 1954 in Memphis bei der kleinen Plattenfirma "Sun" seine ersten Songs einspielte, begann der internationale Aufstieg der sogenannten "Rebellenmusik". Zu ihren Vertretern avancierten "Rocker" wie etwa Eddie Cochran, Gene Vincent, Johnny Burnett und Carl Perkins, der die "Hymne" auf die blauen Wildlederschuhe einst auf einer braunen Einkaufstüte komponierte. "Die Grenze zum Rock'n'Roll ist fließend", sagt der Würzburger Konzertveranstalter Olaf Haspel. Rockabilly beschränkt sich letztlich auf drei Akkorde und kommt mit dem klassischen Instrumenten-Trio E-Gitarre, (Kontra)-Baß und Schlagzeug aus. Beim Rock'n'Roll durften Klavier und Saxophon nicht fehlen. Der dadurch sattere, swingende Sound war zudem stärker von amerikanischen Tanzrhythmen beeinflußt. "Dagegen ist Rockabilly im Endeffekt simpelste Musik", bekennt Haspel. Seiner Leidenschaft für diese Stilrichtung tat dies keinen Abbruch. Als Schüler wuchs Haspel in die Rockabilly-Szene hinein und begann, in Nordbayern Konzerte mit Rockabilly- und Rock'n'Roll-Bands zu organisieren. Mittlerweile besitzt der 29jährige mit rund 600 Singles, 500 Langspielplatten und über 20 000 Seiten Band-Informationen wohl eines der größten privaten Rockabilly-Archive Deutschlands. Als Talentsucher für einschlägige Plattenfirmen sowie als Herausgeber der europäischen Szene-Magazine "Mad House Jump" und "Wild Youth" hat sich der gelernte Graveur bei Musikern und "Rockabillies" einen Namen gemacht. Die jugendliche Subkultur hat sich trotz wechselnden Zuspruchs seit den 50er Jahren relativ konstant gehalten. Bundesweit gibt es derzeit etwa 200 Bands, die Rockabilly in all seinen Schattierungen spielen, schätzt Haspel. "Europaweit sind es tausende." Zu Beginn der 80er Jahre brachten Bands wie die "Stray Cats" und die "Meteors" mit härteren Klängen frischen Wind in die "Fifties"-Richtung und läuteten Stilblüten wie Psycho- und Trashbilly ein. Die dadurch hervorgerufene Lagermentalität beim Publikum ist nach Haspels Worten mittlerweile überwunden. Derzeit boomt Rockabilly am stärksten in Japan, Frankreich und Skandinavien. In Stammland USA gibt es ein "richtiges Comeback". Band-Wechsel auf der Würzburger Bühne. Im verqualmten Licht geht der Haupt-Akt in Position: Steve Hooker, Rockabilly-Veteran aus England. Seit knapp einem Vierteljahrhundert tourt der 43jährige weltweit durch kleine Clubs und Konzertkeller. Die Zigarette im Mundwinkel, die Augen zusammengekniffen, fräst er sich mit seiner Gitarre durch die Akkorde und bringt mit seiner Band die Menge vor der Bühne zum Kochen. Sein Motto: "Rockabilly ist der Punk des Rock'n'Roll". |