Wenn die Wände wackeln
In Fürth trifft sich eine Selbsthilfegruppe von Baugeschädigten
VON SIGRUN ALBERT

Mietwohnungen sind selten billig, oft zu klein und meistens irgendwie unpraktisch geplant. Dagegen ein eigenes Haus: Niemand stört sich daran, wenn die Kinder morgens lärmen und endlich ist im Hobbykeller genügend Platz für Papas Elektroeisenbahn.
Wer sich dazu entschließt, selbst ein Haus zu bauen, freut sich auf das, was man unter "Schöner Wohnen" versteht. Daß es Ärger und viel Arbeit gibt, bis die Handwerker die letzte Wand verputzt haben, damit rechnen wohl alle Bauherren. Doch oft genug ist mit dem Ärger nicht Schluß, wenn die Bauarbeiter ihre Geräte eingepackt haben. Denn Bauschäden können die Freude am nagelneuen Heim kräftig verderben.
Ein solcher Rechtsstreit kostet Zeit, Kraft und Geld. Und er überfordert den Bauherren, der sich als Laie ziemlich hilflos fühlt im Clinch mit streiterprobten Handwerkern oder Architekten. In Fürth gibt es seit November 1995 eine Art Selbsthilfegruppe von Baugeschädigten, den "Verein zum Schutz der Haus- und Wohnungskäufer e.V." (VSHW). Dort haben sich gut 60 Haus- oder Wohnungsbesitzer aus der Region zusammengetan. Sie helfen bei Schwierigkeiten, die durch Neubau oder Kauf entstanden sind.
Hausbauer haben keine Lobby", erklärt der Vorsitzende Anastasios Anastasiadis, warum er mit anderen Bau-"Opfern" einen Verein gegründet hat. Die große Resonanz auf eine Talkshow zum Thema "Abenteuer Hausbau", bei der er seinen Verein vorstellte, habe gezeigt, daß sich viele Geschädigte in Nürnberg, Fürth und Umgebung alleingelassen fühlen. Sigrid Röver, die sich beim VSHW um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert, glaubt, daß das kein Zufall ist: "In Nordbayern gibt es besonders viele Probleme. Es ist offensichtlich die Methode bestimmter Firmen, bei unerfahrenen Bauherren mangelhaft zu arbeiten."
Egal, ob nur die Doppelgarage ein leckes Dach hat oder das neue Haus einsturzgefährdet ist - Erfahrungsaustausch ist für die VSHW-Mitglieder ein wichtig. "Die Nerven während eines Bauprozesses liegen blank", weiß Sigrid Röver. Da kann es gut tun, mit anderen über den letzten unverschämten Brief der Gegenpartei zu sprechen. Oder jemanden zu haben, der mit in die nächste Gerichtsverhandlung geht. "So geben wir uns moralische Rückendeckung", sagt Sigrid Röver.
Ein weiterer Schwerpunkt der Vereinsarbeit ist die Beratung. In Vorträgen geben Fachleute Tips - etwa zu der Frage, wie es ein Käufer vermeiden kann, vom Wohnungsmakler übers Ohr gehauen zu werden. Eine Hotline hilft zweimal in der Woche bei dringenden Fragen weiter, jeden Freitag trifft sich die Gruppe im „Gasthof Seeacker" in Fürth. Architekten bieten Beratungsgespräche an. Und der Verein vermittelt Adressen geeigneter Anwälte; denn, so Sigrid Röver: "Es ist fast ein Glücksspiel, einen Rechtsanwalt zu finden, der sich mit Baufragen auskennt."
Die jährliche Mitgliedsgebühr von 50 Mark beinhaltet alle diese Leistungen und garantiert, daß regelmäßig die vereinseigene Zeitschrift im Briefkasten landet. Sie hält die Bauopfer über wichtige VSHW-Veranstaltungen, anstehende Gerichtsprozesse und rechtliche Fragen auf dem Laufenden.
Der VSHW engagiert sich nicht nur für akute Probleme seiner Mitglieder. "Wir versuchen, durch Öffentlichkeitsarbeit auf die schlechte rechtliche Lage von Bauherren aufmerksam zu machen", berichtet Anastasios Anastasiadis. "Bisher ist es nämlich so, daß sie ohne Rechts- oder Versicherungsschutz dastehen." Also gehören auch Pressekonferenzen zur Aufklärung und Gespräche mit Politikern zu den Vereinszielen - damit der Traum vom schönen Wohnen für zukünftige Häuslebauer leichter in Erfüllung geht.
Informationen zum VSHW gibt der Vereinsvorsitzende Anastasios Anastiadis. Er ist unter der Telefonnummer 0911/747974 montags und donnerstags zwischen 14.30 Uhr und 15.30 Uhr zu erreichen. (Mehr Recht im Internet)

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© Nürnberger Nachrichten 1996