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Sittenwidrige Bürgschaft Bank darf die Söhne eines Unternehmers nicht zur Kasse bitten Die Banken müssen die Praxis der Bestellung erwachsener Kinder als Bürgen für Kredite der Eltern großteils aufgeben. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat ein entsprechendes richtungweisendes Urteil gefällt. Darin übt der Senat scharfe Kritik am Verhalten eines Unternehmers, der für 1,4 Millionen Mark Kredit seine vier Söhne zum Bürgen veranlaßt hatte. Der Betrag ging im Bankrott der Firma unter. Die Banker trifft der höchstrichterliche Spruch wie ein Donnerschlag. Sie dürfen die Bürgen nicht zur Kasse bitten und bleiben auf dem Millionenverlust sitzen. Nach der Firmenpleite hatte das
Geldhaus einen der Söhne auf 200 Doch der BGH verwarf die Urteile der
Vorinstanzen und erklärte die Bürgschaften wegen
Sittenwidrigkeit für null und nichtig. Sieht die
Rechtsprechung es doch inzwischen für verwerflich an,
wenn mittellose junge Menschen von Familienangehörigen
in Bürgschaften gedrängt werden. Im konkreten Fall hätte der Unternehmer seine Söhne nicht bitten oder gar nötigen dürfen zu bürgen. Eltern, die den Nachwuchs derart in Bürgschaft verstricken, verletzen laut BGH ihre familienrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme. Der damals 25jährige Beklagte habe
noch studiert und außer 850 Mark Unterhalt vom Vater
kein Einkommen gehabt, als er ebenso wie seine Brüder
die Bürgschaft unterschrieb. Vor diesem Hintergrund
erklärt der BGH: Treten Eltern an ihre zwar schon
erwachsenen, aber noch unterstützungsbedürftigen Kinder
heran, für sie eine Bürgschaft zu übernehmen, sind
diese in aller Regel schwerlich in der Lage, nüchtern
abzuwägen, welche rechtlichen und wirtschaftlichen
Folgen damit für sie verbunden sind. Von einer freien Entscheidung solcher Bürgen könne keine Rede sein. Im allgemeinen, so die Bundesrichter, werden junge, noch nicht geschäftserfahrene Erwachsene geneigt sein, aus Vertrauen zu den Eltern und auch aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Bitte ohne große Überlegung zu entsprechen. Ein Kreditinstitut, welches eine durch rechtlich mißbilligtes Verhalten des Hauptschuldners für den Bürgen entstandene klare Konfliktlage zum eigenen Vorteil ausnutzt oder für eigene Zwecke verwertet, handelt selbst sittenwidrig, bescheinigt der BGH den Bankern. Die Bank hätte nach Ansicht des BGH leicht merken können, daß der Beklagte und seine Brüder keinen Einblick in die Firma des Vaters hatten und die Lage nicht durchschauten. Das Argument der Bank, der Ex-Stammkunde habe seine Sprößlinge selbst als Bürgen angeboten, ist laut BGH belanglos. Eine solche Bürgschaft sei auch dann sittenwidrig, wenn der Schuldner nicht mal Druck auf seine Kinder ausgeübt habe. (Az.: IX ZR 333/95). HANS WÜLLENWEBER |
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