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Bei zehn
Mark ist Schluß Alle wertvolleren Fundsachen müssen sofort abgegeben werden VON Die schmuddelige Plastiktüte hatte
schon seit Stunden neben der Geschäftstür gestanden.
Irgendwann beschloß Ladenbesitzer Herbert D., sie
wegzuwerfen. Vorher schaute er kurz hinein. Eine gute
Idee, denn in dem Beutel lagen Geldscheine. Viele
Geldscheine. Über 150 Auch bei weniger spektakulären Funden
ist die Antwort der Juristen auf diese Frage eindeutig.
Das Bürgerliche Gesetzbuch spricht von einer
Anzeigepflicht des Finders. Das heißt, daß
sich jeder melden muß, der eine verlorene Sache entdeckt
hat entweder beim Eigentümer oder, wenn er ihn
nicht kennt, beim Fundamt als zuständiger Behörde. Das
gilt für alle Fundsachen, vom Schlüssel bis zum
goldenen Ohrring. Melden alleine reicht allerdings nicht, die Fundsache muß auch umgehend abgegeben werden. Während die Anzeigepflicht generell für alle Fundsachen gilt, besteht Abgabepflicht nur für Dinge, die mehr als zehn Mark wert sind. Angebrochene Streifenkarten braucht also niemand zum Fundamt zu tragen. Aber er muß sie dem eigentlichen Eigentümer zurückgeben, wenn der darum bittet. Von Abgabe- und Anzeigepflicht wußte auch Herbert D. Nach einigem Hin und Her entschloß er sich, das herrenlose Geld bei der Polizei abzuliefern, sonst hätte er sich strafbar gemacht. Fundunterschlagung nennt der Gesetzgeber den Tatbestand und droht mit Geld- oder Gefängnisstrafe. Bei größeren Werten nimmt die Polizei
eine Fundanzeige auf. Der Finder kann dazu auf der
nächsten Wache vorsprechen. Wenn er zum Fundamt geht,
stellen die Mitarbeiter Kontakt zur Polizei her. Dann
wird ein Protokoll angefertigt, in dem die näheren
Umstände der Entdeckung festgehalten werden. Für den Finder ganz wichtig: Er muß angeben, ob er nach Ablauf der Wartefrist die Eigentumsrechte an der Fundsache übertragen bekommen möchte und ob er auf Finderlohn besteht. Sind alle Formalitäten abgewickelt, beginnt die Zeit des bangen Wartens. Erst nach sechs Monaten erwirbt der Entdecker das Eigentum an dem Fundgut. Rechtlich bedeutet das, daß er nach dieser Zeit damit machen kann, was er will. Seine Freude darüber kann allerdings getrübt werden. Meldet sich der Verlierer nach der Halbjahresfrist, gerät der Gesetzgeber in eine Zwickmühle: Auf der einen Seite steht der Finder, der sich als rechtmäßiger neuer Eigentümer sieht, auf der anderen der Wunsch des früheren Eigentümers, seine Sache zurückzubekommen. Also haben die Juristen eine Kompromißlösung erdacht. Drei Jahre nach Ablauf der Halbjahresfrist kann der Verlierer sein ehemaliges Eigentum vom Finder zurückverlangen. Der Finder muß es aber nur herausgeben, wenn er es noch hat. Andernfalls ist er nicht zu Ersatz verpflichtet. Für Herbert D. und seinen Geldfund
bedeutet das: Wenn er die 150 Egal, ob nach sechs Monaten oder dreieinhalb Jahren ganz leer geht der Finder nicht aus. Er kann vom Verlierer einen Finderlohn verlangen. Auch dessen Höhe regelt das Gesetz: Er beträgt fünf Prozent, wenn die Sache weniger als 1000 Mark wert ist, ansonsten drei Prozent. Herbert D. jedenfalls hatte Glück.
Zwar meldete sich nach über sechs Monaten der angebliche
Verlierer der wertvollen Plastiktüte bei der Polizei.
Doch seine Geschichte war erschwindelt, Herbert D.
folglich um 150 |
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