An der Haustür geködert – was nun?
Der Kunde kann solche Blitzgeschäfte mit Vertretern innerhalb einer Woche schriftlich widerrufen

VON ANDREAS FRANKE

Für Waldemar Schmitt kam das Angebot wie gerufen. Da sprach ihn neulich in seinem Vorgarten ein gutgekleideter Mann an und sagte: „Na, Ihre Fassade könnte auch mal wieder einen neuen Anstrich vertragen.“

In der Tat, dachte der Hausherr, der Maler war bestimmt schon 15 Jahre nicht mehr da. Der Vertreter redete eine Weile auf ihn ein, köderte ihn mit dem Versprechen, sein Haus als Musterbeispiel für die Straße besonders günstig zu streichen, und nach einer Stunde hatte Waldemar Schmitt (Name geändert) unterschrieben. Am Abend kamen ihm erste Zweifel. Eine Nachfrage bei einem Malerbetrieb am nächsten Tag ergab dann: Das Angebot war viel zu teuer. Als er den Vertreter damit konfrontierte und seine Unterschrift zurückziehen wollte, sagte der nur patzig: „Vertrag ist Vertrag.“

„Grundsätzlich sind Verbraucher an abgeschlossene Verträge gebunden“, bestätigen die Rechtsexperten der Verbraucherzentrale Bayern. Anders sieht es aber aus, wenn Privatpersonen Verträge an der Haustür, im Bereich der Wohnung, im öffentlichen Verkehrsbereich (z. B. Fußgängerzone), am Arbeitsplatz oder auf Freizeitveranstaltungen (z. B. Kaffeefahrten) abschließen.

„Um Verbraucher vor Überrumpelungen zu schützen, hat der Gesetzgeber 1986 das sogenannte Haustür-Widerrufs-Gesetz verabschiedet“, sagt Andrea Stöhr von der Nürnberger Verbraucherberatung. Das räumt zum Beispiel Herrn Schmitt ein, das Geschäft mit dem Vertreter innerhalb einer Woche (nach Abschluß) zu widerrufen, also rückgängig zu machen. Diese Frist wurde vom Gesetzgeber ganz bewußt gewählt, da der Verbraucher bei solchen „Haustürgeschäften“ oft nur kurze Zeit zum Überlegen hat, bevor er unter Umständen etwas unterschreibt. Der Schutz geht aber noch weiter.

Ohne Belehrung geht es nicht

Der Vertreter wäre verpflichtet gewesen, Herrn Schmitt über das Widerrufsrecht zu informieren. Auf dem Vertrag muß eine solche Widerrufsbelehrung deutlich sichtbar abgedruckt (und nicht im Kleingedruckten versteckt) sein. Da muß auch stehen, an wen das Verbraucherveto geschickt werden muß und wann die Frist beginnt. Der Kunde muß dies mit einer zweiten Unterschrift bestätigen. „Dem Käufer müssen dann eine Kopie und ein Durchschlag der Bestellung mit der Belehrung ausgehändigt werden“, betonen die Verbraucherschützer.

Der Widerruf muß schriftlich abgefaßt, aber nicht begründet werden! Andrea Stöhr empfiehlt, den Brief per Einschreiben mit Rückantwort zu schicken, um notfalls den Widerruf beweisen zu können. Es reicht aus, wenn er innerhalb der Wochenfrist abgesendet wird. Fehlt die Belehrung – wie bei Herrn Schmitt –, ist sie unvollständig oder falsch, dann erlischt das Widerrufsrecht erst einen Monat nachdem beide Vertragspartner ihre Leistung vollständig erbracht haben.

Es gibt aber auch Situationen, wo das Haustür-Widerrufs-Gesetz nicht gilt, und zwar, wenn

der Verbraucher den Vertreter ausdrücklich zu sich bestellt hat, die Initiative zum Vertragsschluß also von ihm ausgegangen ist,

der Wert der Ware oder Leistung billiger ist als 80 Mark und sie sofort erbracht und bezahlt wird,

der Vertrag von einem Notar beurkundet wurde,

es sich um einen Versicherungsvertrag handelt

– oder um eine Vereinsmitgliedschaft.

Das Recht auf Widerruf entfällt auch, wenn jemand als Selbständiger zu Hause, in der Praxis oder im Geschäft von einem Vertreter besucht wird. Ebenso hat der Kunde keine Vetomöglichkeit, wenn er von einer Privatperson zum Beispiel ein gebrauchtes Fahrrad kauft.

Interessant ist: Das Gesetz gilt auch für die immer mehr um sich greifenden Warenpräsentationen in Fernsehsendungen („Teleshopping“). Und wird ein Vertrag bei einer Verkaufsveranstaltung im Ausland unterzeichnet (z. B. Österreich oder Tschechien), wurde aber in Deutschland für die Reise geworben, gilt das deutsche Widerrufsrecht.

Weitere Informationen: Verbraucherberatung, Albrecht-Dürer-Platz 6, 90403 Nürnberg, Telefon: 2 45 21.

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