Wenn Richter die Telefonrechnung prüfen
Justiz zeigt inzwischen mehr Verständnis für Kunden, die gegen die Telekom klagen

Immer wieder beklagen sich Telefonkunden über zu hohe Telefonrechnungen. Hieß es in der Vergangenheit „Zahlen oder der Anschluß wird gesperrt“, so bewerten heute die Gerichte den Verbraucherschutz zunehmend höher und entscheiden häufiger zugunsten des Telefonkunden.

In Fällen ungewöhnlich hoher Rechnungen lassen die Gerichte immer weniger den sogenannten Anscheinsbeweis gelten, wonach zunächst einmal alles für die Richtigkeit der Telefonrechnung spricht und der Telefonkunde dann die Unrichtigkeit beweisen muß.

So staunte ein Telefonkunde nicht schlecht, als ihm die Rechnung ins Haus flatterte. Während er in den Vormonaten für durchschnittlich 60 Mark im Monat telefoniert hatte, sollten es jetzt plötzlich fast 600 Mark gewesen sein. Der Kunde bat die Telekom um Überprüfung. Dies aber unterblieb. Statt dessen kam die nächste Rechnung über fast 1500 Mark.

Aufzeichnung fehlte

Das Urteil: Nicht der Kunde muß beweisen, daß er nicht in dieser Höhe Gesprächseinheiten vertelefoniert habe, sondern die Telekom (Landgericht Essen, Az.: 13 S 501/95). Da das Unternehmen es unterlassen hatte, gleich nach der ersten Reklamation jedes Gespräch aufzuzeichnen und zu dokumentieren, wurde die Klage gegen den Kunden abgewiesen.

Eine ähnliche Erfahrung mußte der Teilnehmer eines Funktelefons machen. Er sollte angeblich in nur vier Tagen mit zwei Geräten Gesprächskosten in Höhe von über 20 000 Mark vertelefoniert haben. Selbst unter Berücksichtigung des teuersten Inlandstarifs hätte dann der Kunde ununterbrochen 235 Stunden oder 9,786 Tage telefonieren müssen. Das hielt das Gericht (LG Berlin, Az.: 5 0 68/95) für nicht nachvollziehbar und wies die Klage ab.

Pech hatte dagegen ein Kunde, dem für zwei Monate über 17 000 Mark an Gebühren in Rechnung gestellt wurden. Hier installierte die Telekom einen sogenannten Zählervergleich, der alle Telefonvorgänge peinlich genau registrierte. Dabei stellte sich dann heraus, daß der Telefonkunde sogenannte Partylines in Übersee angerufen hatte (LG Saarbrücken, Az.: 4 0 138/94).

REINHARD HAHN

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