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© Nürnberger Nachrichten 1996

Teilzeitarbeit im Alter wird versüßt
Das Arbeitsamt fördert Halbtagsstellen, wenn freiwerdende Arbeitsplätze wieder besetzt werden

Von Jutta Triebswetter

Mit dem "Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand" oder, kurz gesagt, zur Altersteilzeitarbeit will die Regierung gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits ist die zuvor gültige Frühverrentung wegen Arbeitslosigkeit vor allem von Großbetrieben als Rationalisierungsmöglichkeit so häufig genutzt worden, daß die Rentenkassen durch den Ausfall von Beiträgen und die früher einsetzende Rentenzahlung in Bedrängnis geraten sind. Andererseits wurden viele Arbeitnehmer, die arbeitswillig und arbeitsfähig waren, von einem Tag auf den anderen ins Nichtstun entlassen. Und zum Dritten soll mit der Möglichkeit zur Teilzeitarbeit ab dem 55. Lebensjahr auch noch zum Abbau der Arbeitslosigkeit beigetragen werden.

Den Wechsel von einer Vollzeitstelle, die der Arbeitnehmer mindestens drei Jahre innegehabt haben muß, auf eine Halbtagsstelle (mindestens 18 Wochenstunden) versüßt das Arbeitsamt den Arbeitnehmern mit Förderbeträgen: Es erstattet dem Arbeitgeber die Zusatzleistungen, wenn er das Arbeitsentgelt auf 70 Prozent der bisherigen Bruttobezüge aufstockt. Dieser Förderbetrag ist steuer- und sozialabgabenfrei. Auch die höheren Beiträge zur Rentenversicherung übernimmt das Arbeitsamt, wenn der Arbeitgeber 90 Prozent des Vollverdienstes entrichtet, bei Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze von gegenwärtig 8000 Mark 90 Prozent des Höchstbeitrages.

Für den Arbeitnehmer besteht die Möglichkeit, nach Altersteilzeit vorzeitig ab 60 in Rente zu gehen, wenn mindestens 15 Jahre Versicherungszeit nachgewiesen werden und die Alterteilzeitarbeit wenigstens zwei Jahre lang ausgeübt wurde. Ab Januar 1997 wird die Altergrenze aber stufenweise auf 65 Jahre angehoben, so daß ab diesem Zeitpunkt Abschläge von 0,3 Prozent pro Monat von der Rente bei vorgezogenem Altersruhegeld hingenommen werden müssen (siehe "Wegweiser...").

Die Förderung der Altersteilzeitarbeit durch das Arbeitsamt ist an Bedingungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gebunden: Die Leistungen werden nur gewährt, wenn der freiwerdende Arbeitsplatz durch einen Arbeitslosen oder die Übernahme eines Ausgebildeten wieder besetzt wird. Sie werden auf fünf Jahre begrenzt, innerhalb dieses Zeitraums längstens bis zum frühestmöglichen Bezug einer Altersrente ohne Abschlag. Das Förderangebot ist bis zum 1. August 2001 begrenzt. Die Arbeitszeit muß also vor diesem Termin gemindert worden sein. Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit bereits vor dem 14. Februar 1996 reduziert haben, werden nicht gefördert.

Dem Arbeitnehmer bleibt die freie Entscheidung überlassen, ob er mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung über die Reduzierung der Arbeitszeit schließen will. Er kann nicht dazu gezwungen werden. Für den Arbeitgeber kann sich aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einer entsprechenden kirchenrechtlichen Regelung die Verpflichtung ergeben, Altersteilzeitarbeit zu ermöglichen. Wollen allerdings mehr als fünf Prozent der Beschäftigten die Möglichkeit in Anspruch nehmen, hat auch er die freie Entscheidung.

Die Arbeitszeit in der fünfjährigen Teilzeitphase kann ganz flexibel gestaltet werden. Das geht soweit, daß bei Tarifverträgen ähnlich den Vereinbarungen der westdeutschen Papierindustrie in den ersten zweieinhalb Jahren die volle Arbeitsleistung bei 85 Prozent der bisherigen Nettobezüge erbracht wird und in den nächsten zweieinhalb Jahren weiterhin 85 Prozent des Nettoentgelts ohne Arbeitsleistung bezahlt werden. Vereinbarungen können also eine täglich verminderte Stundenzahl vorsehen, eine Reduzierung der Wochentage oder den wöchentlichen oder monatlichen Wechsel. Bedingung ist, daß die Arbeitszeit eines Jahres halbiert wird. Der Zeitraum kann auf fünf Jahre erweitert werden, wenn der gültige Tarifvertrag dies zuläßt.

Die Förderung des Arbeitsamtes entfällt, wenn der Arbeitgeber die Bedingungen für die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes nicht erfüllt. War der Arbeitsplatz allerdings drei Jahre lang besetzt, werden die Leistungen weiterhin erbracht, weil nicht mehr davon ausgangen werden kann, daß die Nichtbesetzung in Zusammenhang mit der Altersteilzeit steht.

Hinzuverdienst begrenzt

Der Arbeitnehmer darf in der Teilzeitphase nur bis zur sozialversicherungsfreien Geringfügigkeitsgrenze von gegenwärtig 590 Mark hinzuverdienen oder in seinem Betrieb Mehrarbeit leisten, sonst ruht die Förderung. Unberücksichtigt bleiben aber selbständige oder unselbständige Tätigkeiten, die er schon während der letzten fünf Jahre neben dem Vollerwerb ausgeübt hat. Wenn die Leistungen des Arbeitsamtes 150 Kalendertage geruht haben, erlischt der Anspruch auf Förderung ganz.

Bei Arbeitslosigkeit werden Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld nach dem Arbeitsentgelt bemessen, das er als Vollerwerbstätiger erzielt hätte, wenn das Arbeitsamt die Teilzeitstelle gefördert hat. Bei Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld, die nach der Altersteilzeit bemessen sind, zahlt das Arbeitsamt die aufgestockten Leistungen und die Zusatzbeiträge zur Rentenversicherung direkt an den Arbeitnehmer.

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