Nur mit Quittung gibt's
Geld von der Kasse zurück
Wegen steigender Zuzahlungen stoßen viele Kranke an ihre
Leistungsgrenze – Bisherige und künftige Regelungen bei Überforderung

Krankenkassen und Sozialverbände empfehlen gesetzlich versicherten Patienten, sich künftig die Zuzahlungen zu allen medizinischen Leistungen bestätigen zu lassen.

Denn ohne Quittung gibt es am Jahresende keine Rückerstattung zuviel entrichteter Beträge nach der Überforderungsklausel. Einige Krankenkassen, darunter die AOK, halten dafür Quittungsblocks für ihre Versicherten bereit.

Nach der Verabschiedung des zweiten Neuordnungsgesetzes (NOG) der Krankenversicherung im Bundestag steigen nämlich die Zuzahlungen voraussichtlich zum 1. Juli um fünf Mark für jedes Arzneimittel und für jeden Tag Krankenhausaufenthalt für die ersten 14 Tage. Auch die Eigenbeteiligung an Verbandmitteln und Krankentransporten wird fünf Mark teurer. Bei allen Heilmitteln wie Krankengymnastik, Physio- oder Sprachtherapie und Zahnersatz erhöht sich der Betrag um fünf Prozent. Damit werden sehr viel mehr Kranke als bisher an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stoßen und deshalb am Jahresende Anspruch auf teilweise Erstattung der geleisteten Zuzahlungen haben.

Offen ist noch, ob die Versicherten der 13 Krankenkassen, die am 10. März Beitragserhöhungen um etwa 0,5 Prozentpunkte beim Bundesversicherungsamt beantragt haben, zu den Zuzahlungserhöhungen nach dem 2. NOG noch einmal fünf Mark bzw. fünf Prozent mehr aufbringen müssen. Die Koppelung von Beitragserhöhungen mit automatischer Zuzahlungssteigerung war mit dem 1. NOG beschlossen worden. Sie sollte ab dem 11. März gelten. Die Kassen nahmen an, daß der Stichtag für den Antrag gilt. Das Bundesversicherungsamt vertritt den Standpunkt des Gesundheitsministers, für den der Zeitpunkt der Genehmigung ausschlaggebend ist. Sollte sich diese Auffassung bestätigen, wollen die Kassen vor Gericht ziehen, um ihren Versicherten noch höhere Zuzahlungen zu ersparen.

Ausnahme Krankenhaus

Auf jeden Fall gelten bis zum Inkrafttreten des 2. NOG noch die bisherigen Regelungen für die Sozialklausel (vollständige Befreiung von Zuzahlungen) und die Überforderungsklausel (teilweise Befreiung). Ausgenommen von jeglicher Befreiung sind nur die immer fälligen Zuzahlungen im Krankenhaus, die jetzt maximal 168 Mark (14 x 12 Mark) und ab 1. Juli höchstens 238 (12 x 17 Mark) betragen können, da der Gesetzgeber von einer Haushaltsersparnis des Patienten während des Klinikaufenthalts ausgeht.

Vollständig befreit sind Alleinstehende mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1708 Mark (20 496 Mark im Jahr 1997). Bei einem Zwei-Personen-Haushalt erhöht sich der Betrag auf 2348,50 Mark, bei drei Personen auf 2775,50 Mark, für jedes weitere Kind werden 427 Mark angerechnet. Bei Zahnersatz und Zahnkronen gilt eine gleitende Härtefallregelung, die die Krankenkassen im Einzelfall erläutern.

Bei der Überforderungsklausel sind als Belastungsgrenze für die Zuzahlungen zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens festgelegt. Liegen die Bruttoeinnahmen eines Alleinstehenden jedoch höher als 73 800 Mark im Jahr (bei zwei Personen höher als 81 486 Mark), muß er für die Zuzahlungen bis zu vier Prozent seines Einkommens beisteuern.

Das 2. Nog sieht allerdings wegen der drastischen Erhöhung aller Zuzahlungen wesentliche Änderungen bei der Überforderungsklausel vor: Die Belastungsgrenze für die Einkommensbezieher jenseits der Bemessungsgrenze von 73 800 Mark sinkt. Sie müssen dann statt bis zu vier Prozent ihres Einkommens auch nur noch bis zu zwei Prozent zuzahlen. Chronisch Kranke, die länger als zwölf Kalendermonate in Dauerbehandlung sind, müssen nach dem ersten Jahr bis zu einem Prozent und nicht nicht mehr wie bisher zwei Prozent ihres Einkommens für Zuzahlungen aufwenden.

Jahresausgleich 1996

Wer für 1996 noch keinen Jahresausgleich bei seiner Kasse für die Zuzahlungen bei Kuren, Arznei-, Verband- und Heilmitteln sowie Krankentransporten beantragt hat, muß allerdings wieder andere Einkommensgrenzen berücksichtigen. Der Grenzwert des monatlichen Bruttoeinkommens für die vollständige Befreiung nach der Sozialklausel lag für Alleinstehende schon bei 1652 Mark und für einen Vier-Personen-Haushalt bereits bei 3097,50 Mark.

Die Belastungsgrenze für Zuzahlungen bis zu zwei Prozent der Bruttoeinkünfte war auf 72 000 Mark angesetzt. Höherverdienende bekommen für 1996 nur Geld zurück, wenn sie mehr als vier Prozent ihres Einkommens zugezahlt haben. Für alle Zuzahlungen müssen der Krankenkasse aber wie gesagt Quittungen vorgelegt werden. nn

EMail

zurück zur Titelseite NN

© Nürnberger Nachrichten