Management im
digitalen
BuschkrankenhausVON ANDREAS
LOOS
Auf dem Zettel an Steffen Fleßas Bürotür prangt eine
Giraffe, daneben eine lange Liste seiner möglichen
Aufenthaltsorte. An oberster Stelle: In Afrika
(körperlich). Eine Büroklammer markiert die Zeile
darunter: In Afrika (geistig).
Momentan bleibt dem jungen
Wirtschaftswissenschaftler gar nichts anderes übrig, als
nur geistig in Tansania zu weilen: Derzeit ist er dabei,
den Studenten der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
in Nürnberg etwas beizubringen.
Doch eigentlich schöpft er nur aus
seinem reichen Erfahrungsschatz, wenn er hier über das
Gesundheitswesen in Entwicklungsländern
referiert. Über fünf Jahre verbrachte der
Wissenschaftler nämlich seit 1990 in Tansania, die
meiste Zeit in Moshi, einer Stadt im Norden des Landes am
Fuße des Kilimandscharo.
Viereinhalb Jahre davon habe ich
für das Missionswerk der evangelisch-lutherischen Kirche
in Bayern unterrichtet, erzählt Fleßa. Nebenbei
besuchte er in dieser Zeit fast alle der 80 kirchlichen
Krankenhäuser des Landes zu Forschungszwecken.
Neben seinem Lehrauftrag in Moshi
befaßte sich Fleßa nämlich mit dem Schreiben eines
Computerplanspieles: Ziel war, den Studenten mit Hilfe
einer Computersimulation das Management eines kleinen
Buschkrankenhauses näherzubringen.
Der Name Moshi, steht für
Management of Small Hospitals. Für die
Dissertation, die Fleßa über das Thema schrieb, bekam
er den mit 3000 Mark dotierten Preis der
Herrmann-Gutmann-Stiftung für den besten Doktoranden
eines Promotionstermines.
Dabei trieb ihn zu Anfang
nur der Wille, möglichst gut zu
unterrichten: Egal, was ich als Modell im
Unterricht vermittelte, egal, was ich als Fallstudien
vorgab, immer mehr sehe ich es als Europäer.
Dieses Problem war Fleßa irgendwann klargeworden.
Den Ausweg sah er im Spiel Moshi:
Ein Computerplanspiel bietet die breiteste
Entscheidungsvielfalt. Nicht nur dies: ob es nun
darum geht, neue Ärzte einzustellen, ob auf bessere
Hygiene oder auf Kostendeckung geachtet oder ob
schließlich eine Aids-Station eingerichtet werden soll,
Moshi erlaubt den Studenten, die Realität in vielen
Varianten auszuprobieren und zwingt sie
gleichzeitig, langfristiges Planen und
Demokratieverständnis zu üben. So fallen bei Moshi die
Entscheidungen meist im Team, ebenso wie die Analyse der
Quartalsdaten. Da wird man dann schon beim Nachbarn
schauen: Wie gut bin ich denn überhaupt? berichtet
Fleßa.
Die Idee zu einem Computerplanspiel,
bei dem Choleraepidemien aus Bits und Bytes ein
virtuelles Buschkrankenhaus ins Schwitzen bringen, kam
Fleßa beim Gedanken an sein eigenes Studium. Bereits in
seiner Diplomarbeit hatte er an Klima, dem
Klinik-Management-Planspiel mitgearbeitet,
das am Nürnberger Lehrstuhl für Operations
Research entwickelt worden war.
Ein entscheidender Schritt war
jedoch die Loslösung vom deutschen Planspiel. Die
tansanische Variante, darauf ist Fleßa besonders stolz,
ist in Tansania mit Tansanern entwickelt
worden. Daher ging der Programmierarbeit zunächst
auch eine intensive Stoffsammlung voraus: Was sind
Eure Probleme und Ziele, was ist Eure Ausbildung, was
bräuchtet Ihr? waren die Fragen, die Fleßa in
intensiver Recherche klärte. So konnte das Spiel
anschließend genau die afrikanischen Verhältnisse im
Computer widerspiegeln.
Langfristig hofft Fleßa damit einen
kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben, einen Teil der
Krankenhäuser Afrikas zu retten. Denn: Eigentlich
sind in ganz Afrika die Krankenhäuser am Ende,
findet er. Umstrukturierung, besonders im Management, tue
daher in diesem Bereich besonders not.
Was man ererbt hat, das darf man
nicht ändern, das ist eine Haltung, die dringend
aufgegeben werden muß, wenn die Krankenhäuser rentabel
bleiben sollen. Und ganz nebenbei lag ihm auch noch
eines am Herzen: Leute, auch wir in Afrika können
gute Arbeit machen.
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