Mit
Dialekt kann man Die Standpunkte reichen von nostalgischer Anhänglichkeit bis zu kühler Ablehnung: Dialekte sind ein Thema, das nicht nur am Stammtisch rege diskutiert wird. In zunehmendem Maße befassen sich damit auch Wissenschaftler namens Dialektologen und Soziolinguisten an den Hochschulen. Immer stärker kommen sie zu dem Ergebnis, echte Dialekte seien vom Aussterben bedroht - schuld seien Radio und Fernsehen, vielleicht die Schulen. Oder möglicherweise auch die zunehmende Mobilität der Bevölkerung, sprich, die Tatsache, daß man heute auch im letzten Winkel auf einige Zugereiste trifft, die den örtlichen Dialekt nicht beherrschen. An der Universität Regensburg gab es zu diesem Thema den in keiner deutschen Studienordnung vorgesehenen Lehrveranstaltungstyp eines "Graduate-Seminars": Prof. Walt Wolfram, Inhaber eines prestigeträchtigen Stiftungslehrstuhls in North Carolina und ein "Papst" der amerikanischen Soziolinguistik, unterrichtete auf Einladung von Prof. Edgar Schneider (Lehrstuhl für Englische Sprachwissenschaft) interessierte Studenten und Wissenschaftler aus ganz Deutschland über "The Changing Scope of American English Dialects". Wolfram hat mehr und unterschiedlichere Dialekte des amerikanischen Englisch untersucht als jeder andere Sprachforscher: Schwarze, Indianer, Puertoricaner, aber auch die "Hillbillies", die "Hinterwäldler" der Appalachenberge. Dabei ist Wolfram vor allem der Frage nachgegangen, ob, wie und warum sich Dialekte verändern oder verschwinden. Seit einigen Jahren hat er sich zusammen mit einem Team von Studierenden und Mitarbeitern vor allem mit dem Dialekt von Ocracoke, einer Insel vor der Küste North Carolinas im Atlantik, befaßt. Jahrhundertelang war die Insel schwer erreichbar und nur von Fischern bewohnt, die einen eigentümlichen Dialekt bewahrten. Nach ihrer Aussprache des Wortes für "Flut" ("high tide") werden sie als "hoi toiders" bezeichnet. |
© Nürnberger Nachrichten 1996 |